Roland Brunhofer ist als ORF-Unterhaltungschef im Gespräch.

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Menschen im ORF, die sich von Berufs wegen mit Unterhaltung beschäftigen, haben dieser Tage beim Blick auf die Konkurrenz eher wenig Spaß: Auf ProSieben messen sich Gesangstalente in "The Voice of Germany" vor mehr als 310.000 österreichischen Zuschauern, RTL sucht wieder einmal "Das Supertalent", bis zu 320.000 sind dabei. Ebendort absolvieren "Ninja Warriors" zum Gaudium von rund 200.000 Österreichern akrobatische Hindernisläufe. Im ORF sucht man Shows in vergleichbarer Größe derzeit vergebens. Bis zu den nächsten "Dancing Stars" im Frühjahr 2019 dauert es noch.

Ein neuer Unterhaltungschef könnte Abhilfe schaffen. Doch noch bevor dieser gefunden und bestellt ist, steigt der Unmut im ORF-Zentrum. Beste Chancen werden nämlich einem Mann eingeräumt, der schon einmal für ein höheres Amt im Gebührenfunk vorgesehen war und dessen mögliche Bestellung zum nächsten Härtetest am Küniglberg führen könnte.
Roland Brunhofer, ehemaliger Landesdirektor von Salzburg und Entwickler der ORF-2-Tagesschiene "Unterwegs in Österreich", soll das Amt des alleinigen ORF-Chefunterhalters übernehmen.

Hearings kommenden Mittwoch

Der langdienende Edgar Böhm geht mit Jahresende und im Alter von 65 in Pension. Kommenden Mittwoch stellt sich Brunhofer Hearings, seine Bestellung gilt als so gut wie fix – obwohl dieser polarisiert wie wenige andere im Unternehmen. Kollegen beschreiben Brunhofer als kreativen Kopf, der gewohnt ist, seinen Willen durchzusetzen, und trotzdem als anpassungsfähig gilt. Nur im ORF ist das kein Widerspruch.

Wer ist der Mann, der in Zukunft mitbestimmt, was in Österreichs öffentlich-rechtlichem Rundfunk Unterhaltung wird? Jedenfalls einer, der mit parteipolitischen Interessen im ORF gut umzugehen weiß. Vom ORF Oberösterreich gelang dem 51-jährigen Steyrer 2012 der Aufstieg an die Spitze des Studios Salzburg über die SPÖ-Regierung unter Gabi Burgstaller. Räumen musste er den Chefsessel Ende 2016 nach dem Wechsel der Landesregierung. Er tat dies mit einer gepfefferten Rede mit Seitenhieben auf Politinteressen im ORF und Journalisten im Haus, die statt Interviews "politische Verhöre" durchführen würden.

Entwickelte "Neun Plätze, neun Schätze"

In Wien entwickelte Brunhofer das Frühstücks-TV "Guten Morgen Österreich" – Prestigeprojekt von Generaldirektor Alexander Wrabetz, mit dem sich dieser die Stimmen der Stiftungsräte in den Bundesländern für die Wiederwahl 2016 sicherte. "Neun Plätze, neun Schätze" geht auf seine Idee zurück, ebenso "Advent-Show" und "Zauberhafte Weihnacht im Land der Stillen Nacht".

Qualitäten hat Brunhofer auch im Durchziehen von Sparprogrammen. Bei der ORF-2-Tagesschiene soll er rund sechs Millionen Euro eingespart haben, um die Kosten seines zugemieteten Trucks für "Guten Morgen Österreich" günstiger zu verteilen. Das von ihm entwickelte Format leitete er auch auf Wrabetz' Wunsch zum Start selbst. Die Sendung selbst blieb (siehe Tabelle) im für den ORF und TV-Sender insgesamt so wichtigen Vorabend allerdings deutlich unter dem von ihm ohne Not abgelösten Vorgängerformat "Heute Leben".

Channelmanager Alexander Hofer wird "Daheim in Österreich" denn auch wieder ins Studio zurückholen. Ab 7. Jänner 2019 präsentieren alternierend Verena Scheitz und Norbert Oberhauser sowie Birgit Fenderl und Martin Ferdiny im Wochenrhythmus das neue werktägliche ORF-2-Vorabendmagazin "Studio 2".

Steil bergauf hätte es weitergehen sollen: Lange wurde Brunhofer als logischer Senderchef für das neu strukturierte ORF 2 gehandelt. Dass nicht er, sondern Alexander Hofer zum Zug kam, verdankt er zumindest teilweise seinem eigenen Managementstil.

Gleichbehandlungskommission

Den beschreiben Kollegen als "respektlos", "rüpelhaft", "beleidigend", "Sadist, der vor nichts zurückschreckt", nennt ihn ein ORFler und wirft ihm Machtmissbrauch vor. ORF-Frauen berichten von Mobbing. Mit Beschimpfungen, nicht nur, aber besonders von Frauen, handelte sich Brunhofer ein Verfahren vor der ORF-Gleichbehandlungskommission ein, das mit einer Empfehlung an die Generaldirektion endete, Brunhofer nicht mehr als Führungskraft heranzuziehen, er sei ungeeignet. Würde er trotzdem Unterhaltungschef, sei das ein "Affront gegen alle Frauen im ORF", sagt eine Mitarbeiterin.

Dass er trotzdem bald wieder eine solche einnehmen könnte, verdankt Brunhofer Wrabetz und seinen Beschützern. Diese sollen sich zunehmend in Kreisen von FPÖ und ÖVP finden, die den Oberösterreicher gern in der Position des Unterhaltungschefs sehen würden.

Anfragen blieben unbeantwortet

DER STANDARD versuchte mehrere Kontaktaufnahmen mit Roland Brunhofer. Alle blieben unbeantwortet.

Erhält Brunhofer den Zuschlag, betreut er ab Jänner 2019 Familien- und Kinderprogramm sowie die gesamte Unterhaltungssparte von Shows und Song Contest bis Kabarett, Comedy und Gesellschaftsmagazinen. Das klingt nach mehr, als es ist, denn durch die neue ORF-Struktur mit eigenen Senderchefs sind die Möglichkeiten sowohl der Fernsehdirektion Kathrin Zechners als auch des zuliefernden Unterhaltungschefs begrenzt.

Kandidaten sprechen vor

Nach STANDARD-Infos sprechen neben Brunhofer weiters der für Volksmusiksendungen Verantwortliche Florian Illich vor, weiters der ehemalige ATV-Geschäftsführer Martin Gastinger, ORF-Entwicklerin Doroteja Gradistanac, der Kabarettist Clemens Haipl, "Seitenblicke"-Chefin Ines Schwandner und ORF-Showproduzent Stefan Zechner.

Redaktionsintern regt sich bereits Widerstand, und für die Zusammenarbeit danach sind nicht die besten Voraussetzungen gegeben. Das Verhältnis zwischen Brunhofer und Zechner gilt als belastet. "Skepsis bis massive Ablehnung" erwarte Brunhofer unter den Redakteuren, sagt ein ORF-Mitarbeiter. Ein Vorgeschmack steht unmittelbar bevor: Am 28. November stellen sich die Kandidaten der Redaktion. (Doris Priesching, 20.11.2018)