Wien – Wenn die Eltern noch in der serbischen Teilrepublik Jugoslawiens geboren sind, ist es nicht unbedingt naheliegend, Adolf Hitler für einen Helden zu halten. Igor S., heute 21 Jahre alt, hat das im März auf einer Facebook-Seite von "Österreich" gemacht und muss sich nun vor einem Geschworenengericht unter Vorsitz von Andreas Hautz wegen NS-Wiederbetätigung verantworten.

Anlass für sein Posting war der Link zu einem Artikel, dem zufolge 26 Prozent der Bevölkerung sich einen "starken Mann" wünschen würden. Gelesen habe er den Artikel nicht, gibt S. zu, sondern lediglich die Kommentare dazu. Und die hätten ihn aufgeregt. "An alle Hitlerhasser", begann er seinen Beitrag, verwies auf Verbrechen des Stalinismus, bezeichnete "Rothschild und Rockefeller" als Kriegstreiber, um schließlich zu verkünden: "Adolf Hitler ist ein Held, der Ostpreußen zurückgewinnen und den Krieg verhindern wollte. Das ist geschichtlich bewiesen, ihr Ungebildeten!"

Interesse an Geschichte

Hautz interessiert, wie es mit S.s eigener Bildung aussieht. Der in Österreich geborene und aufgewachsene Unbescholtene hat Hauptschule und Sonderschule besucht. Geschichte interessiere ihn, er sehe sich gerne Dokumentationen an. Und dort habe er diese Dinge gehört und gesehen. "Der Churchill hat Friedensverträge abgelehnt, und es hat den Hess-Flug gegeben!", erklärt er. "Da haben die Deutschen den Krieg aber schon begonnen gehabt", wirft Beisitzer Norbert Gerstberger ein. "Ja eh", konzediert der angeklagte Leiharbeiter.

"Sind Sie eher der Meinung, dass jüdische Großkapitalisten die Welt regieren?", will der Vorsitzende wissen. "Na ja, in manchen Dokus über Verschwörungstheorien ist das erzählt worden", erfährt Hautz. Die Thesen verbreitete S. auch anderswo: "Auf der Facebook-Seite des Herrn Vizekanzlers ist ein Posting von Ihnen gefunden worden, wo Sie schreiben, dass alles von Obama und Herrn Rothschild finanziert wird. Was denn?" – "Angeblich der Krieg in Syrien." Aber am meisten ärgere ihn, dass nie über die Verbrechen des Kommunismus berichtet werde. "Sie scheinen eine einseitige Wahrnehmung zu haben", hält ihm Gerstberger vor. "Ja, weil ich manchmal blind an was glaube und nicht nachdenke", gibt der Angeklagte zu.

Keine einschlägigen Gegenstände oder Dateien

Selbst die Staatsanwältin weist in ihrem Schlussplädoyer aber darauf hin, dass bei S. weder analoge noch digitale NS-Devotionalien gefunden wurden. Die Geschworenen glauben dem Angeklagten, dass er subjektiv keine Wiederbetätigung begehen wollte, und sprechen ihn mit 5:3 Stimmen rechtskräftig frei. Eine Verwaltungsstrafe könne ihm dennoch drohen, erklärt Hautz S. noch. (Michael Möseneder, 19.11.2018)