Wien – Erster Eindruck? Da muss vorher eine Hochleistungsraucherin oder ein Hochleistungsraucher im Auto gesessen sein. Ohne offene Seitenfenster wagt man den Wagen kaum zu fahren ohne Atemverhalten. Da kann aber Citroën nix dafür, und deshalb Nasenklemme aus dem Schwimmzeugs rausgeklaubt, aufgesteckt und den Cactus selbst betrachtet.

Außen fällt auf, dass diese mächtigen Kunststoffplanken seitlich weg sind. Was man nicht so sieht, ist das neue, kommode Fahrwerk, das einen in Kurven dennoch nicht abwirft, weil es wenig von extremen Schräglagen hält.
Foto: Andreas Stockinger

Nach dem Facelift präsentiert er sich ja weniger stachelig, geglättet, in die aktuelle Markenformensprache eingemeindet. Vor allem sind die mächtigen seitlichen Kunststoffplanken zum Schutz gegen seitliche Rempler einer zierlicheren, allgemein gefälligeren Lösung gewichen, wie man sie auch von anderen Citroëns kennt, vom C3 zum Beispiel.

Komfortabel

Innen fallen die großen, bequemen Sitze auf, mit denen der Hersteller den tradierten Sänftencharakter konsequent weiterführt. In dasselbe Horn stoßen auch das weiche Fahrwerk – für die neue Federung wurden 20 Patente angemeldet; kurz gesagt wird das Rückfedern reduziert und die Seitenneigung begrenzt -, die nicht allzu direkte Lenkung und natürlich die Sechs-Gang-Automatik.

Innen sind Sie ab sofort weltweit vernetzt.
Foto: Andreas Stockinger

Richtig gehört. Im Cactus, diesem Minimalisten unter den Doppelwinklern, gibt es jetzt nicht mehr nur Handrührer, sondern auch einen Wandler. Erst abspecken, dann drauflegen. Allerdings nur für die getestete Motorisierung, einen Benziner mit 110 PS.

110 PS-Dreizylinder

Die Automatik passt zum kommoden Gesamteindruck und zur Maschine, einem schnurrenden 1,2-Liter-Dreizylinder. Mit den 110 Chevaux ist der Wagen sogar recht flott bestückt. Dass die Kombination nicht zur Spritspar-WM taugt, ist auch logisch. Auf knapp acht Liter Testschnitt kamen wir laut Bordcomputer. Zartere Gasfußgemüter werden den Wert aber mühelos weit unterbieten.

Das Heckdesign ist spannender geworden.
Foto: Andreas Stockinger

Drei Passagiere finden sich hinten noch erträglich einquartiert, der Kofferraum schluckt 348 bis 1170 Liter, und da sind wir schon bei einem auch mit dem Facelift beibehaltenen Wermutstropfen des Konzepts: hohe Ladekante.

Ausstellfenster

Konzept? Seinerzeit, 2014, war Citroën angetreten, ein extrem abgespecktes (da zählen auch die Fenster hinten dazu, die sich nicht versenken, nur ausstellen lassen, sowie das viele Hartplastik), preisgünstiges Fahrzeug, kombiniert mit französischem Charme und ausgeprägter stilistischer Eigenart, auf die Räder zu stellen.

Moderner Minimalismus
Foto: Andreas Stockinger

Nicht vom Design, aber von den Grundüberlegungen her stand irgendwie der 2CV Pate und wurde ins Heute fortgedacht. Dabei gefallen immer noch Lösungen wie das Handschuhfach als von oben zu öffnendes Kofferzitat oder die Lederschlaufen als Türöffner. 2014 überschlug sich die veröffentlichte Meinung vor Begeisterung, auf der Absatzfront war der Erfolg dann nicht so durchschlagend.

Doch kein Preisbrecher

Hinsichtlich Vernetzung und Handyanbindung wurde der C4 Cactus auch auf den aktuellen Stand gebracht, sodass er ein solides Angebot für Frankophile bleibt. Ein Preisbrecher ist das aber nicht mehr unbedingt: Der Testwagen läpperte sich auf 25.231 Euro.

Unterm Strich bleibt: nette, komfortable Kiste. À la française, à la bonheur. So. Und jetzt wieder runter mit der Nasenklemme. Einatmen, ausatmen ... (Andreas Stockinger, 28.11.2018)

Foto: Andreas Stockinger