Igor Levit: "Life"

Der russische Pianist Igor Levit denkt konzeptuell, nun ist er dem Aspekt "Transkription" verfallen: Auf Life (Sony) ist ein bunter Werkgarten entstanden, der bei Bachs epischer Chaconne beginnt (klar und unsentimental gegeben in der Brahms-Version für linke Hand) bis hin zu Liszts Klavierumarmungen von Richard Wagner. Da schwebt Isoldes Liebestod feinnervig kontrapunktisch Richtung Ekstase. Ja, und dann überrascht Levit mit einem Ausflug in die Jazzwelt. Er gibt Bill Evans Peace Piece. Die behutsame Zweiakkordemeditation tönt, als hätten Debussy und Eric Satie zusammen komponiert.

IgorLevitVEVO

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Franui: "Ständchen der Dinge"

Nun ist es also schon 25 Jahre her, dass die Musicbanda Franui begonnen hat, klassisches Repertoire in kammermusikalisch-folkloristische Gewänder zu hüllen. Sattsam bekannten Stücken trotzte man so interessante Aspekte ab. Franui deuten ja Material individuell und legen (bisweilen sehr unmittelbar) Schichten frei, die das Original quasi im Verborgenen hält. Mahlers Ich bin der Welt abhandengekommen wirkt als herbe instrumentale Mediation, Schuberts Leiermann (aus der Winterreise) als erdige Endzeitmelancholie. Ständchen der Dinge (Collegno) erinnert an 25 Jahre origineller Arrangierkunst.

Franui - Topic

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Wolfgang Muthspiel: "Where The River Goes"

In poetischer Landschaft umgarnen den Gitarristen Wolfgang Muthspiel interessante Kollegen: Brad Mehldau etwa, subtiler Klavierexzentriker, oder Trompeter Ambrose Akinmusire, der hier ebenfalls zum Architekten atmosphärisch angenehmer Strukturen wird. Mitunter wünscht sich das Ohr allerdings jene quirlige Art, die beim Stück One Day My Prince Was Gone durchbricht. In der ab strakten Lyrik der Soli und in dem wolkig dahinschwebenden Bandsound kommt auf Where The River Goes (ECM) das Potenzial der Muthspiel-Kollegen nicht voll zur Geltung. Etwas behutsam das Ganze.

ECM Records

(toš, 18.11.2018)