So viel Wasser gab es im vergangenen Sommer selten. Die Stromproduktion in Kleinwasserkraftwerken ist zum Teil um bis zu 50 Prozent eingebrochen.

Foto: kleinwasserkraft österreich

Wien – Betreiber von Wasserkraftwerken blicken auf ungewöhnlich schwierige Sommermonate zurück. Niedrigwasser hat nicht nur den Laufkraftwerken an der Donau zugesetzt; auch Anlagen mit einer Engpassleistung kleiner als zehn Megawatt (MW), laut Definition sind das Kleinwasserkraftwerke, haben wegen der geringen Wasserführung zum Teil um bis zu 50 Prozent weniger Strom produziert als in Normaljahren.

Dennoch wollen sich die Betreiber von Kleinwasserkraft nicht unterkriegen lassen – im Gegenteil. Sie sehen Wachstumsmöglichkeiten – weniger auf der grünen Wiese als vielmehr dort, wo Flüsse und Bäche durch Querbauwerke reguliert sind. Davon gibt es österreichweit etwa 33.000, wie Paul Ablinger, Geschäftsführer des Interessenverbands Kleinwasserkraft Österreich, dem STANDARD sagte. Diese müssten bis längstens 2027 adaptiert werden, um der EU-Wasserrahmenrichtlinie zu entsprechen und die vorgeschriebene Durchgängigkeit für Fische sicherzustellen. Aufkommen müssten dafür in der Regel die Anrainergemeinden, die auch für die Uferbetreuung zuständig sind.

Oft sei die Errichtung eines Kleinwasserkraftwerks an besagten Standorten "ökologisch günstiger", als ein Querbauwerk zu entfernen, sagte Ablinger. Er verweist darauf, dass Laichplätze verschwinden würden, wenn die Fließgeschwindigkeit zunimmt.

"Substanzieller Beitrag"

Den rund 33.000 Querbauwerken, die zur Reduzierung der Fließgeschwindigkeit nach Flussbegradigungen errichtet wurden, stehen 4000 bis 5000 Anlagen gegenüber, die Strom erzeugen – 3500 bis 4000 davon Kleinwasserkraftwerke. Ablinger, der im Almtal in Oberösterreich selbst ein Kleinwasserkraftwerk betreibt, sieht sich und seinesgleichen als "Rückgrat" der Stromversorgung, sollte es einmal hart auf hart gehen.

"Wir können Regelenergie zuliefern, haben Speicherfunktion, sind schwarzstart- und inselbetriebsfähig. Im Fall eines Blackouts können wir lokal und regional das Stromnetz wieder aufbauen", streicht Ablinger die Vorzüge heraus. Zum Ziel der Bundesregierung, die Stromversorgung in Österreich bis 2030 zu 100 Prozent bilanziell aus erneuerbaren Quellen zu stemmen, könne die Kleinwasserkraft einen substanziellen Beitrag leisten. Derzeit produzieren alle Anlagen unter zehn MW zusammen rund sechs Terawattstunden (TWh) Strom pro Jahr.

"Gewisses Maß an Investitionssicherheit nötig"

Bis 2030 sehe man ein zusätzliches Potenzial für Kleinwasserkraft von 3,2 TWh – die Hälfte durch Revitalisierung bestehender Anlagen, die andere durch Neubau bzw. Nutzung von Querbauwerken. An installierter Leistung entspricht das in etwas 700 MW. Das sind vier Donaukraftwerke in der Größenordnung von Wien-Freudenau.

Um die dafür notwendigen Investitionen von rund drei Milliarden Euro loszueisen, brauche es "ein gewisses Maß an Sicherheit", sagte Ablinger. Statt Ausschreibungen sollte sich die Regierung im neuen Ökostromgesetz zu einem System von Marktprämien durchringen, die administrativ festgelegt werden. (Günther Strobl, 20.11.2018)