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Naftali Bennett hat es sich noch mal anders überlegt.

Foto: Reuters/Cohen

Als die beiden Vorsitzenden der Partei Habayit Hajehudi am Montag vor die Presse traten, erreichte das seit Tagen anhaltende Drama seinen überraschenden Höhepunkt: Entgegen allen Erwartungen und Drohungen verkündete der Co-Vorsitzende Naftali Bennett, nicht aus der Regierung aussteigen zu wollen.

Es wird in Israel also vorerst doch keine Neuwahlen geben. Damit hatte kaum einer der politischen Beobachter gerechnet. Schließlich hatte Bildungsminister Bennett in den Tagen zuvor deutlich gemacht, dass er keine Zukunft für die Regierung mehr sehe. Obendrein hatte er das frei gewordene Amt des Verteidigungsministers nicht bekommen, für das er gekämpft hatte.

Er und seine Partei hatten gerumpelt, gepoltert, gedroht – und zu hoch gepokert im Machtspiel mit Premier Netanjahu. Es folgte die 180-Grad-Wende: Wenn der Premier es ernst meine – "und ich möchte seinen Worten von gestern Abend glauben" – dann sage er, Bennett, zu ihm: "Wir ziehen all unsere politischen Forderungen zurück und stehen Ihnen bei dieser gewaltigen Aufgabe zur Seite, damit Israel wieder zu siegen beginnt."

Netanjahu als Sicherheitsgarant

Netanjahu selbst war bereits am Vorabend vor die Presse getreten – pünktlich zu Beginn der 20-Uhr-Nachrichten, um live auf allen Kanälen für das Überleben seiner Koalition zu kämpfen. Er verkaufte sich in seiner Lieblingsrolle als einziger Sicherheitsgarant des Landes. Das Amt des Verteidigungsministers hatte er gleich selbst übernommen. Falsch und unverantwortlich wäre es, Neuwahlen herbeizuführen in "einer unserer schwierigsten Zeiten für die Sicherheit", so Netanjahu. Kritik an seiner Gaza-Politik, die in der vergangenen Woche die Regierungskrise ausgelöst hatte, wies er zurück. Avigdor Lieberman war aus Protest gegen die mit der Hamas erzielte Waffenruhe zurückgetreten, seine Partei Yisrael Beitenu stieg aus der Koalition aus. Damit geriet die Regierung mit einer verbleibenden hauchdünnen Mehrheit von 61 von 120 Sitzen ins Wanken. Und plötzlich schien kaum ein Koalitionspartner mehr an die Zukunft der Regierung zu glauben.

Mit Bennetts Rückzieher scheinen Neuwahlen fürs Erste abgewendet. Doch auch am Montag übte Bennett wieder Kritik an der Sicherheitspolitik: Soldaten hätten mehr Angst vor dem militärischen Generalanwalt als vor der Hamas in Gaza. Netanjahu aber wird es kaum zulassen, vom ambitionierten, nationalreligiösen Bennett rechts überholt zu werden.(Lissy Kaufmann aus Tel Aviv, 20.11.2018)