Die Umfrage "Europe Kids Want" soll mit ihren Ergebnissen Kindern Gehör verschaffen.

Foto: Unicef/Rich

Anlässlich des Tags der Kinderrechte haben Hilfsorganisationen und die Opposition scharfe Kritik an der Politik der türkis-blauen Regierung geübt. Die Armutskonferenz wies dabei auf finanziell benachteiligte Kinder und die negativen Auswirkungen auf deren Zukunftschancen, Bildung und Gesundheit hin. Die Regierung plane "mit der völligen Verantwortungsabgabe der Kinder- und Jugendhilfe an die Bundesländer einen massiven Rückschritt in Bezug auf österreichweite Kinderrechte", warnte der Dachverband der Jugendhilfeeinrichtungen am Dienstag.

Verstoß gegen UN Kinderrechtskonvention

Die Liga für Kinder- und Jugendgesundheit sieht in der Politik der Regierung im Sozial- und Bildungsbereich "einen klaren Verstoß gegen Bereiche der UN-Kinderrechtskonvention, besonders im Hinblick auf das Recht von Kindern auf psychisch gesundes Aufwachsen sowie Chancengerechtigkeit".

"Maßnahmen der Bundesregierung wie Kürzungen von Sozialleistungen, Ausgrenzung von Familien oder Jugendlichen mit Fluchtbiografie und Rückschritt in ein Zwei-Klassen-Schulsystem fördern die Kluft zwischen Reich und Arm. Es ist ausreichend bekannt und belegt, dass Armut krank macht. Die Leidtragenden sind die Kinder. Von Chancengerechtigkeit kann da keine Rede sein", sagt Kinderliga-Präsident Christoph Hackspiel.

Gegen geplante Verländerung

Einen weitern Verstoß gegen die UN-Kinderrechtskonvention sieht die Kinderliga in dem Plan, Muttersprache in der Pause am Schulhof zu verbieten. Einmal mehr fordert Hackspiel die Etablierung eines Bundeskinderbeirats.

Der Dachverband der Jugendhilfeeinrichtungen appelliert in einem offenen Brief an die Politik, die Verländerung der Kinder- und Jugendhilfe wieder abzublasen. Darin bittet der Verband die verantwortlichen Minister, die Bedenken und Warnungen der Fachwelt ernst zu nehmen. Die Kritik komme schließlich von der Volksanwaltschaft, den Kinder- und Jugendanwaltschaften, vom Ludwig-Boltzmann-Institut für Menschenrechte und von allen Einrichtungen, die mit Kinderschutz in Österreich zu tun haben. "Kinderschutz ist so wichtig, dass die Fachwelt bei gesetzlichen Eingriffen selbstverständlich gehört und einbezogen werden muss, insbesondere, wenn diese über alle Parteigrenzen hinweg so eindeutig Stellung bezieht", so der Dachverband.

Kinderarmut

81.334 Kinder leben in Familien mit Mindestsicherung, das sind 35 Prozent aller Bezieher. "Kinder und Jugendliche, die in Haushalten mit niedrigem Einkommen aufwachsen, haben Nachteile, die in mehreren Bereichen sichtbar werden. Die Gefahr des sozialen Ausschlusses zeigt sich in den geringeren Möglichkeiten Freunde einzuladen, Feste zu feiern und an kostenpflichtigen Schulaktivitäten teilzunehmen", sagt Martin Schenk von der Armutskonferenz.

Mindestsicherungsbezieher mit Kindern leben noch häufiger in schlechten Wohnverhältnissen. "Desolates Wohnen wirkt sich besonders hemmend auf Bildungschancen und die Gesundheit der Kinder aus", so Schenk. Die von ÖVP und FPÖ geplanten Kürzungen für Familien mit Kindern würden diese die Existenzgrundlage entziehen und damit die Zukunftsperspektiven der Kinder ernstlich in Gefahr bringen, warnt die Armutskonferenz.

SPÖ-Kinder- und -Jugendsprecherin Eva-Maria Holzleitner wirft der Regierung vor, nichts gegen Kinderarmut zu unternehmen. Maßnahmen wie die geplanten Verschärfungen bei der Mindestsicherung "zementieren Kinderarmut, Kinder und Jugendliche sind einmal mehr von Ausgrenzung und Stigmatisierung bedroht". Auch "Jetzt"-Familiensprecherin Daniela Holzinger ortet noch viel Handlungsbedarf. Sie plädiert für einen nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung von Kinderarmut, der konkrete Maßnahmen zur Beseitigung materieller Deprivation bei Kindern umfasst.

Umfrage "Europe Kids Want"

Anlässlich des Tags der Kinderrechte werden am Dienstag auch die ersten Ergebnisse einer Umfrage präsentiert, die Unicef gemeinsam mit Eurochild ins Leben gerufen hat: "Europe Kids Want" mit fast 14.000 Kindern und jungen Menschen bis 30 Jahren. Die größte Altersgruppe umfasst Jugendliche zwischen zehn und 17 Jahren.

Die Umfrage dokumentiert Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen im Familienleben, in der Schule und der Gesellschaft: Mehr als jeder zweite Befragte befürchtet demnach, keinen Job zu finden. Gewalt und Klimawandel zählen zu den größten Ängsten. Zwei Drittel sind positiv gegenüber Menschen aus anderen Kulturkreisen eingestellt. Sechs von zehn Kindern denken, dass Gleichbehandlung die Schule zu einem besseren Ort machen würde. Fast die Hälfte der Befragten fürchtet sich vor Cybermobbing.

Die Empfehlungen der Kinder und jungen Menschen an die EU: Frieden garantieren, Umweltschutz gewährleisten und Gleichbehandlung fördern. Diese Anliegen präsentieren Kinder und Jugendliche aus ganz Europa am Weltkindertag vor EU-Politikern in Brüssel, darunter auch zwei aus Österreich. (APA, red, 20.11.2018)