Zwei Schimpansinnen bei der Fellpflege. Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass Sozialverhalten bei den Primaten das Ergebnis von kulturellem Lernen sein könnte.

Foto: Clara Dubois

Das Sozialverhalten des Menschen wird teilweise von seinen Genen bestimmt, der Löwenanteil jedoch geht auf die Kultur zurück. Ähnlich könnte es sich auch bei unseren nächsten Verwandten verhalten, wie aktuelle Forschungsergebnisse zeigen: Die Beobachtung getrennt lebender Gruppen von Schimpansen lieferte nun signifikante Unterschiede im Sozialverhalten, die über die Zeit hinweg stabil sind. Diese Unterschiede könnten das Ergebnis von kulturellem Lernen sein.

Eine internationale Forschungsgruppe hat über drei Jahre hinweg vier Gruppen von Schimpansen in der Chimfunshi Wildlife Orphanage in Sambia erforscht. Während dieser Zeit haben sie verschiedene Aspekte ihres Sozialverhaltens untersucht – zum Beispiel, wie viele Individuen in temporären Kleingruppen zusammenleben, wie räumlich nah Individuen sich gegenseitig durchschnittlich sind und wie häufig sie gegenseitige Fellpflege betreiben. Die Gruppen zeigten die größten Unterschiede in der Anzahl an Individuen, mit denen sie Zeit verbringen, auch bekannt als die Subgruppengröße.

Sozialere Subgruppe

Zwei der Gruppen formten deutlich größere Subgruppen als die anderen zwei Gruppen. "Die geselligste Gruppe zeigte sich auch in den anderen Aspekten sozialer. Die Schimpansen in diesen Gruppen waren durchschnittlich räumlich näher beieinander und betrieben viel häufiger gegenseitige Fellpflege als die anderen Gruppen", erklärt Daniel Haun vom Leipziger Forschungszentrum für frühkindliche Entwicklung (LFE), Seniorautor der im Fachjournal "PNAS" erschienen Studie.

In den meisten Fällen vergleichen Forscher bisher Gruppen wilder Schimpansen, die in unterschiedlichen Umgebungen leben und große genetische Unterschiede aufweisen. In diesen Fällen können sie den Einfluss dieser Faktoren auf die beobachteten Verhaltensunterschiede zwischen Gruppen nicht ausschließen. Da die Schimpansen in Chimfunshi alle in derselben Umgebung leben und es keine systematischen genetischen Unterschiede zwischen ihnen gibt, haben Forscher so die Möglichkeit zu untersuchen, inwiefern andere Prozesse, wie soziales Lernen, Unterschiede zwischen Schimpansengruppen erklären können.

Beobachtet und dazugelernt

"Obwohl wir die Ursprünge dieser Unterschiede in dieser Studie nicht direkt untersucht haben, wissen wir, dass Schimpansen sozial voneinander lernen können und, dass Primaten ihr Sozialverhalten an ihren Kontext anpassen können", sagt Haun. Die Individuen in den jeweiligen Gruppen hätten demnach möglicherweise Interaktionsmuster anderer Schimpansen beobachtet, wie die allgemeine Nähe und die Häufigkeit von Fellpflege und sie sozial gelernt. (red, 21.11.2018)