Wer im Alter arbeitslos wird und keinen Job mehr findet, kann in der Notstandshilfe die Jahre bis zur Pension überbrücken.

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Die Regierung wird in naher Zukunft einen Vorschlag zur Reform der Arbeitslosenversicherung vorlegen. Bisher gilt, dass Langzeitarbeitslose nach einem Jahr Bezug des Arbeitslosengeldes in die Notstandshilfe übertreten. Die Notstandshilfe ist ebenso eine Versicherungsleistung und kann unbegrenzt bezogen werden. Wer also etwa im Alter arbeitslos wird und keinen Job mehr findet, kann in der Notstandshilfe die Jahre bis zur Pension überbrücken.

Derzeit kursieren Modellrechnungen, wonach für einen guten Teil der Notstandshilfebezieher dieser unbegrenzte Bezug in Zukunft nicht mehr zur Verfügung stehen würde. Nur mehr bei entsprechend langer Versicherungsdauer soll ein unbegrenzter Bezug möglich sein. Wie genau der Regierungsvorschlag aussehen wird, ist zurzeit noch Verhandlungssache zwischen ÖVP und FPÖ. Das Regierungsprogramm spricht bei der Neuregelung der Arbeitslosenversicherung – einigermaßen vage – von einer "degressiven Gestaltung der Leistungshöhe mit klarem zeitlichen Verlauf" sowie von einer "Berücksichtigung der Beitragsdauer".

Gut möglich also, dass Arbeitslose in Zukunft zu Beginn höhere Ersatzleistungen bekommen, dass aber mit Fortdauer der Arbeitslosigkeit die Zahlungen sinken und irgendwann komplett aufhören. Dann bleibt als letztes Netz die Mindestsicherung.

Nun kann man zur derzeitigen Regelung der Arbeitslosenversicherung aus guten Gründen unterschiedliche Ansichten haben. Fakt ist, dass die österreichische Notstandshilfe in Europa ein Unikat ist. Nirgendwo sonst sind die Ersatzleistungen bei Arbeitslosigkeit für einen derzeit langen Zeitraum so großzügig.

Die Grafik oben zeigt, wie viel Prozent vom vorherigen Einkommen Arbeitslose zu Beginn und nach fünf Jahren Arbeitslosigkeit beziehen. Die Nettoersatzrate ist in Österreich unmittelbar nach Jobverlust im europäischen Vergleich nicht besonders hoch. Nach fünf Jahren Arbeitslosigkeit aber liegt Österreich an der Spitze. Die Versicherungsleistungen sind danach fast gleich hoch wie zu Beginn, während sie in den meisten anderen Ländern schon auf null zurückgegangen sind. (Die außer- und osteuropäischen OECD-Länder wurden aus Gründen der Darstellbarkeit aus der Grafik ausgespart – aber auch dort gibt es nirgendwo höhere Nettoersatzraten nach fünf Jahren.)

Die zeitliche Begrenzung von Ersatzleistungen bei Arbeitslosigkeit wäre für Österreich also ein Schritt hin zum europäischen Durchschnitt. Verfassungsrechtlich ist dieses Vorhaben aber durchaus heikel, da in erworbene Versicherungsansprüche nicht so einfach eingegriffen werden kann. Und politisch ist eine Neuregelung ebenso delikat, weil einer nicht unbeträchtlichen Gruppe an Langzeitarbeitslosen eine deutliche Schlechterstellung drohen könnte. (Laurenz Ennser-Jedenastik, 21.11.2018)