Das VISIR-Instrument des VLT der Eso hat dieses Bild eines neu entdeckten, massereichen Dreifachsternsystems aufgenommen. Nach der altägyptischen Gottheit Apep benannt, ist dies vielleicht die erste Entdeckung eines Vorläufers eines Gammastrahlenausbruchs in unserer Galaxie.

Foto: ESO/Callingham et al.

Gammablitze gelten als die gewaltigsten Strahlenausbrüche des Universums. Kein anderes astronomisches Ereignis vermag so viel Energie in derart kurzer Zeit zu produzieren. Die meisten bisher beobachteten Gamma-ray bursts, wie sie im Englischen bezeichnet werden, ereigneten sich in fernen Galaxien und waren tatsächlich blitzartige Phänomene mit einer Dauer von Millisekunden bis wenigen Sekunden. In diesen kurzen Augenblicken gaben sie mehr Strahlung ab als unsere Sonne während ihrer bisherigen Lebensspanne von fast 4,6 Milliarden Jahren. Doch es gibt auch Ausnahmen: Forscher haben Gammastrahlenexplosionen beobachtet, die mehrere Minuten oder sogar Stunden andauerten.

Was diese welterschütternden Ausbrüche auslöst, ist noch immer nicht im Detail geklärt. Je nach Dauer dürften jedoch kollidierende Neutronensterne, zu einem Schwarzen Loch kollabierende massereiche Sterne oder sogenannte Hypernovae, also besonders energiereiche Supernovae, verantwortlich sein – das zumindest ergaben Analysen und Computersimulationen. Bei lang anhaltenden Gammastrahlenausbrüchen gelten sogenannte Wolf-Rayet-Sternsysteme als Ursache. Ein besonders spektakuläres und überdies noch sehr nahes Beispiel für ein solches System haben nun Astronomen entdeckt und mit dem Very Large Telescope (VLT) der Eso ins Visier genommen. Vieles deutet darauf hin, dass das ungewöhnliche Objekt auf dem Weg zu einem Gammaausbruch ist.

Spektakuläres Objekt im eigenen Garten

"Es handelt sich um das erste derartige Objekt, das in unserer eigenen Galaxie entdeckt wurde", erklärt Joseph Callingham vom Netherlands Institute for Radio Astronomy (ASTRON) und Erstautor der im Fachjournal "Nature Astronomy" erschienenen Studie über dieses Phänomen. "Wir hätten nie erwartet, dass wir ein solches System in unserem eigenen Garten finden würden".

Der schlangenartige Wirbel besteht aus einem Komplex dreier massereicher Sterne, die von einem "Windrad" aus Staub umgeben sind. Offiziell ist das System nur unter sperrigen Katalognummern wie 2XMM J160050.7-514245 bekannt. Die Astronomen entschieden sich jedoch, diesem faszinierenden Objekt einen eingängigeren Namen zu geben: "Apep", auch bekannt als "Apophis". Apep erhielt seinen Beinamen wegen seiner gewundenen Form, die an eine Schlange erinnert, die sich um die zentralen Sterne windet. Sein Namensgeber war eine altägyptische Gottheit, eine gewaltige Schlange, die das Chaos verkörpert.

Kurzlebige Wolf-Rayet-Sterne

Reichlich chaotisch geht es auch in Systemen wie jenem von Apep zu: Einige der massereichsten Sterne entwickeln sich gegen Ende ihres Lebens zu Wolf-Rayet-Sternen. Diese Phase ist kurzlebig, und Wolf-Rayets überleben in diesem Zustand nur wenige hunderttausend Jahre – kosmologisch gesehen ein Wimpernschlag. In dieser Zeit werfen sie riesige Mengen an Material in Form eines starken Sternwindes ab, der die Materie mit enormen Geschwindigkeiten nach außen schleudert; die Sternwinde von Apep wurden auf erstaunliche 12 Millionen Kilometer pro Stunde gemessen.

Diese Sternwinde haben die komplexen Schwaden um das Dreifachsternsystem herum geschaffen, das aus einem Doppelsternsystem und einem begleitenden Einzelstern besteht, die durch die Schwerkraft miteinander verbunden sind. Obwohl nur zwei sternförmige Objekte im Bild sichtbar sind, ist die untere Quelle tatsächlich ein unaufgelöster doppelter Wolf-Rayet-Stern. Dieser Doppelstern ist verantwortlich für die Gestalt der schlangenartigen Wirbel um Apep, die sich im Gefolge der kollidierenden Sternwinde der beiden Wolf-Rayet-Sterne bilden.

Kombinierte Sternwinde

Im Vergleich zu der außergewöhnlichen Geschwindigkeit der Winde von Apep wirbelt das Windrad selbst in gemächlichem Tempo nach außen und "kriecht" mit weniger als 2 Millionen Kilometer pro Stunde dahin. Die ungeheure Diskrepanz zwischen der Geschwindigkeit der schnellen Sternwinde von Apep und der des gemächlichen Windrades aus Staub wird damit begründet, dass einer der Sterne im Binärsystem sowohl einen schnellen als auch einen langsamen Wind auslöst, die jeweils in verschiedene Richtungen verlaufen.

Dies würde bedeuten, dass sich der Stern in einer nahezu kritischen Rotation befindet. Mit anderen Worten: Er dreht sich so schnell, dass er dabei beinahe auseinander gerissen wird. Die Astronomen nehmen an, dass ein Wolf-Rayet-Stern mit einer solch schnellen Rotation einen langlebigen Gammablitz erzeugt, wenn sein Kern am Ende seiner Lebensdauer zusammenbricht. (red, 24.11.2018)