Wenn Insekten zu Landschaftsgestaltern werden ...
Foto: Roy Funch

Salvador – Im Nordosten Brasiliens befindet sich eine monumentale "Siedlung" der besonderen Art – und sie wurde nicht von Menschen angelegt: Auf einer Fläche, die annähernd der von Großbritannien entspricht, reihen sich dort in schöner Regelmäßigkeit rund 200 Millionen von Termiten der Spezies Syntermes dirus geschaffene Hügel.

Die kegelförmigen Aufschüttungen sind im Schnitt zweieinhalb Meter hoch und neun Meter breit. "Es handelt sich um eines der größten Bauwerke, das jemals von einer einzelnen Insekten-Spezies errichtet wurde", sagt Stephen Martin von der britischen Universität Salford. Fast noch verblüffender sei das Alter, das nun bei einer Untersuchung durch ein internationales Forscherteam festgestellt wurde: Einige Hügel sind an die 4.000 Jahre alt – und immer noch in Betrieb.

Foto: Roy Funch

Wie die Forscher in "Current Biology" berichten, handelt es sich nicht um Nester, sondern um Abraumhalden – die Laub fressenden Termiten lagern dort bis heute das beim Bau ihrer unterirdischen Tunnelsysteme anfallende Erdreich ab. Da in der Nachbarschaft der Hügel zahlreiche Nester sind und die Insekten unermüdlich ihr Tunnelsystem ausbauen, wächst die ohnehin schon gigantische Erdkegel-Ansammlung weiterhin an.

Viele der Hügel in dem etwa 230.000 Quadratkilometer umfassenden Gebiet liegen versteckt im Buschwerk der Caatinga-Landschaft. Sie kommen nur zum Vorschein, wenn das Unterholz beseitigt wird – etwa beim Anlegen von Weideflächen. "Es ist unglaublich, dass man heutzutage noch solch ein unbekanntes biologisches Wunder von dieser Größe und diesem Alter entdecken kann, dessen Erbauer noch existieren", sagte Martin.

Foto: Roy Funch

Die Wissenschafter entnahmen Proben aus dem Inneren von elf Hügeln. Die Auswertung ergab, dass diese rund 700 bis 3.800 Jahre alt sind – und damit so alt wie die ältesten bekannten Termitenhügel in Afrika. Alter und Ausmaße der Anlage nötigten den Wissenschaftern mehrfach Vergleiche mit den Pyramiden von Gizeh ab. Deren Alter (etwa 4.600 Jahre) erreichen zumindest die untersuchten Termitenbauten zwar nicht ganz, dafür übertreffen sie sie in ihrem Volumen um ganze Größenordnungen: "Die Menge des abgeräumten Erdreichs beträgt über zehn Kubikkilometer", sagt Matrin. "Das entspricht dem Volumen von 4.000 Großen Pyramiden von Gizeh."

Die Wissenschafter wollen sich nun den Baumeistern selbst zuwenden, zu denen es immer noch einige offene Fragen gibt. So sei die genaue Struktur ihrer Kolonien noch immer unbekannt. In der Region sei auch noch nie die Kammer einer Termitenkönigin entdeckt worden. (red, APA, 21. 11. 2018)