Wien – "Aber glauben Sie mir, ich wollte sie nicht umbringen", beteuert Aleksandar K. gegenüber Andrea Wolfrum, der Vorsitzenden des Geschworenengerichts, schluchzend. Wolfrum tendiert eher nicht dazu, dem 61-Jährigen zu glauben. Schließlich hat er gestanden, am 24. Mai in Wien-Favoriten seine 43-jährige Ehefrau mit 17 Messerstichen getötet zu haben.

An die Tat selbst könne er sich nicht mehr erinnern, behauptet der Angeklagte. Und: "Warum das alles geschehen musste, ist mir nicht klar. Vielleicht hätten wir uns auch anders trennen können. Ich habe alles in meinem Leben verloren." – "Gut, Ihre Frau hat ihr Leben verloren. Genug des Selbstmitleids", unterbricht die Vorsitzende den weißhaarigen Angeklagten trocken.

21 Jahre verheiratet

Begonnen hat die Geschichte im Jahr 1996 in K.s Heimat Serbien. Er lernte die Rumänin kennen, schwängerte sie und heiratete sie 1997. Zwei Jahre später kam die zweite Tochter zur Welt, die Frau brachte einen Sohn aus erster Ehe mit. Der Angeklagte und die Kinder sagen, dass die Beziehung harmonisch gewesen sei. Bis die Frau im Jahr 2015 nach Wien zog, um zu arbeiten.

K. konnte zunächst nicht mit, da 1986 ein 30-jähriges Aufenthaltsverbot über ihn verhängt wurde. Nach einer Verurteilung wegen Raubes, den er aber nicht begangen haben will – er habe damals seinen Trauzeugen gedeckt, erzählt er. Nach Ablauf der Frist kam auch er nach Österreich, zu fünft wohnte man in einer kleinen Wohnung.

Spätestens 2017 verschlechterte sich das Verhältnis. "Er wurde offenbar immer eifersüchtiger, die Frau selbstständiger", skizziert Verteidiger Franz Juracka. Laut Aussagen der Kinder kam es immer öfter zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, einmal soll K. seine Frau auch mit einem Messer in der Hand durch die Wohnung gejagt haben. "Ich wollte mich damit umbringen, sie hat mich davon abgehalten", behauptet der Angeklagte dazu.

"Habe geschwiegen und geduldet"

Es habe keinen Sex mehr gegeben, und seine Gattin habe auch nicht mehr mit ihm reden wollen, sagt K. auch. "Ich habe geschwiegen und geduldet", stellt er sich als Opfer dar. "Warum sind Sie nicht zurück nach Serbien", will Wolfrum von ihm wissen. "Sie hat darauf bestanden, dass ich hierbleibe", lautet die Antwort. Die Kinder berichteten in ihren Aussagen bei der Polizei allerdings von Scheidungsabsichten der Mutter.

Schon am Abend des 23. Mai sei es wieder zu einer heftigen Auseinandersetzung gekommen. Tags darauf kam K. gegen 11.30 Uhr von der Arbeit und stellte seine Frau wieder wegen eines angeblichen Verhältnisses zur Rede. "Das geht dich nichts an. Ich habe jetzt einen anderen. Du kannst deine Sachen packen!", soll das Opfer ihm erklärt haben, erzählt der Angeklagte jetzt. Einen Tag nach der Tat hat er bei der Polizei nichts von einem "anderen" erwähnt. "Dann ist sie aufgestanden, hat mich weggeschubst, nachher ist sie am Boden gelegen", verweist K. auf seine Erinnerungslücke.

Mehrere tödliche Verletzungen

Die der Gerichtsmediziner Nikolaus Klupp schließen kann. Elfmal stach K. mit einem Fleischermesser mit 20 Zentimeter langer Klinge alleine in den Oberkörper seiner Frau und fügte ihr dabei mehrere tödliche Verletzungen zu. Insgesamt wies die Leiche 17 "Stichdefekte" auf, von denen einige aus der Zeit nach Eintritt des Todes stammen müssen, erläutert der Mediziner, der zusätzlich Hinweise auf Schläge und eine Bisswunde an der linken Schulter entdeckte.

Nach der Tat reinigte K. das Messer, die Leiche und den Boden und legte seine tote Frau auf die Couch. Er schrieb einen Brief an seine Töchter, in dem er noch ankündigte, dass er sich umbringen werde. Diesen Plan setzte er nicht um – er trank eine halbe Flasche Schnaps und schlief neben der Leiche ein. Gefunden wurde die Tote dann gegen 14.30 Uhr von den Kindern.

Das einstimmige Urteil der Geschworenen lautet auf Mord, 20 Jahre Haft erhält K. dafür. Er erbittet sich drei Tage Bedenkzeit, die Entscheidung ist daher nicht rechtskräftig. (Michael Möseneder, 21.11.2018)