In Deutschland kommen Fahrverbote für Dieselautos, in Österreich sollen die viel verkauften Euro-5-Diesel keine Zulassung mehr bekommen.

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Um Stickstoffoxid-Emissionen des Verkehrs wesentlich zu senken, führt in Österreich an den drei bis sieben Jahre alten Dieselfahrzeugen (Abgasnorm Euro 5) kein Weg vorbei. Das ergibt sich ganz eindeutig aus den aktuellsten Zahlen des Umweltbundesamts aus dem Jahr 2016.

Diese Autos stoßen im Schnitt stolze 846 Milligramm Stickstoffoxid pro Kilometer aus. Sie produzieren damit sogar mehr Stickstoffoxide als acht bis zwölf Jahre alte Diesel-Pkws der Abgasnorm Euro 4, die auf 642 Milligramm kommen.

Nein, das ist kein Tippfehler, sondern Fakt. Es ist eine völlig verkehrte Welt. Der Sinn von Abgasnormen ist es ja, die Autos ständig sauberer zu machen und nicht dreckiger. Euro-5-Autos, die zwischen 2011 und 2015 zugelassen wurden, müssten einen Grenzwert von 180 Milligramm pro Kilometer einhalten. Und damit einen viel niedrigeren Grenzwert als Euro-4-Autos, die zwischen 2005 und 2010 gekauft wurden, mit einem höheren Grenzwert von 250 Milligramm pro Kilometer! Denn wie die Zahlen zeigen, sind all diese Autos im Echtbetrieb meilenweit von ihrer Prüfnorm entfernt, mit dem 4,7-Fachen (Euro 5) und dem 2,6-Fachen (Euro 4) des Erlaubten.

Problem Magerbetrieb

Günther Lichtblau vom Umweltbundesamt kann diese völlig verkehrte Welt sehr schlüssig erklären. Alles hängt mit dem sogenannten "Diesel-Dilemma" zusammen. Das Grundproblem: Wird der CO2-Ausstoß im Motorzylinder gesenkt, entsteht dort unweigerlich auch mehr Stickstoffoxid (NOx). Lichtblau formuliert es so: "Um Treibhausgas CO2 zu sparen, hat die Autoindustrie bei Diesel auf den Magerbetrieb gesetzt. Dabei wird im Zylinder die Dichte erhöht. Damit steigt die Verbrennungstemperatur und die Stickstoffoxid-Produktion."

Dieses Diesel-Dilemma ist durchaus lösbar, wenn anschließend spezielle Abgasnachbehandlungssysteme dafür sorgen, dass das entstandene Abgas noch im Auto abgebaut wird. Das klappt aber nur, wenn die eigens installierten Abgasnachbehandlungssysteme richtig eingestellt sind. Dann ginge das Spiel – weniger CO2 und weniger NOx – tatsächlich auf. Das kann man bei den allerneuesten Diesel-Pkws der Abgasnorm Euro-6d-temp sehen, die seit September 2017 typisiert wurden und mit sensationell geringem Stickstoffoxid-Ausstoß nun langsam auf den Markt kommen.

Gebremste reinigende Kraft

Wie wir seit dem Platzen des VW-Abgasskandals wissen, wurden solche Abgasrückführungssysteme zwar installiert, dann aber im Echtbetrieb komplett weggeschaltet, sodass sie ihre reinigende Kraft nicht entfalten konnten. Auch andere Autokonzerne hatten aufwendige SCR-Katalysatoren und AdBlue-Tanks eingebaut, diese dann aber adjustiert, sodass sie nur unter ganz bestimmten Bedingungen funktionieren.

Kein Wunder, dass die knapp 900.000 Diesel-Pkws der Abgasnorm Euro 5 in Österreich zusammen mehr als die Hälfte aller Stickstoffoxid-Emissionen aus dem Verkehr produzieren. In Zahlen: 18.500 von 35.100 Tonnen Stickoxid entfallen allein auf diese Kategorie.

Handlungsbedarf in Österreich

Daraus ergibt sich ein zwingender Handlungsbedarf in Österreich. Die bisherigen Software-Updates von VW, Daimler, BMW und Opel reichen nicht aus, das Problem zu lösen – sofern damit überhaupt begonnen wurde. Echte Nachrüstungen sind ein Gebot der Stunde für Autos, die darauf technisch vorbereitet sind. Warum soll es bei uns nicht geben, was es in Deutschland bald geben wird? Nachrüstungen für Euro-5-Diesel-Pkws für 3.000 Euro auf Kosten jener, die das Schlamassel verursacht und sich nicht an Gesetze gehalten haben.

Damit wird der Wertverfall dieser Fahrzeuge gestoppt, Gesundheit und Umwelt verbessert und ein Minimum an Wiedergutmachung realisiert. Dass es ein oder zwei Jahre dauern kann, ist kein Grund, es nicht anzupacken. Durchgeführt werden müssen sie auch nicht von den Herstellern selbst. Wozu gibt es freie Werkstätten, die bei entsprechenden Zertifizierungen dieses Geschäft mindestens ebenso gut machen könnten? (Lydia Ninz, 21.11.2018)