Steuerwettbewerb gilt unter kapitalismuskritischen Linken als Schlachtruf des Neoliberalismus. Nicht ganz zu Unrecht: Großkonzerne spielen Staaten gegeneinander aus, um möglichst geringe Abgaben herauszuschlagen. Innerhalb der EU gelten etwa die Niederlande, Irland und Luxemburg als schwarze Schafe.

Mit einem Vorschlag zur Harmonisierung der Unternehmenssteuern hat Brüssel auf diese Vorwürfe reagiert. Das Modell legt fest, wo Gewinne anfallen, und verhindert damit, dass Konzerne Profite in Steueroasen verschieben. Kritiker fordern darüber hinaus, dass die EU nicht nur komplizierte Regeln vereinheitlicht und transparent macht, sondern eine Mindeststeuer für Gewinne vorschreibt.

Das wäre jedoch problematisch. Denn das Unfaire an Steuerwettbewerb ist nicht die Höhe der Steuersätze an sich. Stattdessen sind es Tricks und Schlupflöcher, die nur mit einer Armada an Anwälten optimiert werden können. Somit haben vor allem Großkonzerne davon Gebrauch gemacht, während der Mittelstand durch die Finger schaut.

Sollte jedoch die EU eine Mindeststeuer auf Unternehmensgewinne festschreiben, würde sie 27 Staaten über einen Kamm scheren. Damit wäre der positive Effekt des Wettbewerbs unterdrückt: Die Politik sollte einen Anreiz haben, einen attraktiven Standort für die Wirtschaft zu gestalten. Für Länder mit niedrigerer Produktivität, schlechterer Lage, weniger attraktiven Ortschaften und geringeren Sozialausgaben ist eine Senkung der Gewinnsteuern ein wichtiger Hebel, um Investoren anzulocken.

Ein Kompromiss, den etwa auch die Arbeiterkammer vorschlägt, wäre, temporäre Ausnahmen für osteuropäische Länder zuzulassen. Das wäre ein richtiger Schritt, würde aber nicht das Grundproblem lösen: Nur ein transparenter Steuerwettbewerb zwingt Politiker dazu, sparsam mit Steuergeldern umzugehen. (Leopold Stefan, 21.11.2018)