Einsprüche von Anrainern führen zu einem "massiven Standortnachteil", meint Margarete Schramböck.

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Wien – Das nach massiver Kritik abgeänderte Standortentwicklungsgesetz hat am Mittwoch den Ministerrat passiert und soll bereits am Montag im Wirtschaftsausschuss des Nationalrats und am 12./13. November im Plenum beschlossen werden. Der Bundesratsbeschluss ist am 19. Dezember vorgesehen.

Das von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) mit dem Sondergesetz verfolgte Ziel: Vorrangige Infrastrukturbauten werden ab 1. Jänner von einem Expertengremium, in dem Vertreter mehrerer Ministerien sitzen, gebilligt, also ehe Umweltprüfungen und Genehmigungsverfahren beginnen. Die Ministerin, flankiert von Europarechtler Walter Obwexer und dem Umweltrechtsexperten Wilhelm Bergthaler verteidigen die von Umweltorganisationen noch immer scharf kritisierten Bestimmungen.

Einsprüche als Standortnachteil

Schafft es ein Projekt auf die Liste der standortrelevanten Bauten, kommt es zu Abweichungen bei Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP). Entscheidet eine Behörde nicht binnen zwölf Monaten über den Antrag, kann das Verfahren direkt in die zweite Instanz wandern. Dort würde – meist das Bundesverwaltungsgericht – gleich inhaltlich entscheiden. Die teils wegen Einsprüchen von Anrainern verzögerten Verfahren sieht die Ministerin als "massiven Standortnachteil". Klammere man vereinfachte Verfahren aus, kommt man laut Ministerium auf 36,8 Monate bis zum Bescheid. Künftig sollen es zwölf Monate sein – sofern nicht unzweifelhafte Hinderungsgründe, etwa naturschutzrechtliche vorliegen.

Chronologische Ordnung der Materien, Redezeitbeschränkung oder Auferlegung der Kosten, wenn ein Antrag schuldhaft verzögert wird, sind weitere Beschleunigungsmaßnahmen, die Umweltorganisationen als prohibitiv einstufen, also um Bürgerbeteiligung zu erschweren. Das Ministerium hingegen will verhindern, dass Beschwerdeführer ihre Argumente aus taktischen Gründen zurückhalten und erst gegen Ende des Verfahrens vorbringen.

Per Schnelldurchlauf in die zweite Instanz

In der Praxis ist es allerdings so, dass Betroffene bei komplexen Projekten erst im Verlauf, bei Vorlage von Gutachten durch die Projektwerber auf heikle Problemlagen draufkommen. Nun aber können Projektwerber ihr Projekt per Säumnisbeschwerde nach zwölf Monaten von der Behörde in die zweite Instanz katapultieren.

Die SPÖ sieht reine Symbolpolitik und fordert eine Ausschussbegutachtung. Anstatt Umweltprüfungen nachhaltig zu verbessern, agiere die Bundesregierung mit dem Presslufthammer, schäumt der WWF. Große Bauprojekte würden mit einem kritischen Sondergesetz privilegiert, der Umweltschutz aber ausgebremst. Der Verband Virus verweist darauf, dass das Bundesverwaltungsgericht lediglich über vier Senate für UVP-Verfahren verfüge und bereits überlastet seien. Das zeige das Beispiel der Salzburgleitung, wo eineinhalb Jahren nach Schluss des Ermittlungsverfahrens und der Verhandlung immer noch keine Entscheidung getroffen wurde. "Dieses Gericht soll nun alles aufarbeiten, was zehn Behörden vorher versemmelt haben", so Wolfgang Rehm von Virus. (as, red, 21.11.2018)