Maiaufmarsch der SPÖ in Wien

Linz – Die historischen Verdienste der Sozialdemokratie sind unbestritten: Zwei von drei österreichischen Wahlberechtigten attestieren der SPÖ, dass sie in der Vergangenheit viel für Österreich getan hat.

Mit der Zukunft tut sich die Partei, die an diesem Wochenende von Pamela Rendi-Wagner übernommen wird, bedeutend schwerer. Nur 17 Prozent stimmen der Aussage zu, dass die SPÖ einen klaren Plan habe, wie es mit Österreich weitergehen soll. Das geht aus einer in der Vorwoche durchgeführten Market-Umfrage im Auftrag des STANDARD hervor.

Ein genauerer Blick in die Daten zeigt: Auch von den erklärten Wählern der Sozialdemokratie ist nur knapp jeder Zweite der Meinung, seine Partei habe einen klaren Plan.

Market-Wahlforscher David Pfarrhofer: "Es wäre ungerecht, dies allein der neuen Parteivorsitzenden anzulasten. Wir haben in einer vergleichbaren Umfrage vor zwei Jahren etwa gleich wenige Leute gefunden, die der SPÖ einen klaren Plan zugetraut haben – damals war die SPÖ immerhin Kanzlerpartei. Und der Parteivorsitzende Christian Kern hat dann ja auch kurz danach seinen 'Plan A' veröffentlicht."

Geholfen hat es eben nicht. Und nur jeder Fünfte meint, dass die SPÖ eine einige Partei sei und in den zentralen Fragen eine einheitliche Meinung vertrete.

Nicht die beste Parteispitze

Ein ähnlich düsteres Bild zeigt sich auch bei der Einschätzung der Aussage "Die SPÖ hat die besten Leute an der Parteispitze": Dem stimmten schon unter Bundeskanzler Kern nur 20 Prozent zu, jetzt sind es gar nur noch 13 Prozent. Selbst unter erklärten SPÖ-Wählern sieht nicht einmal jeder Dritte die bestmögliche Führung der Partei.

Dies allerdings trifft Rendi-Wagner unmittelbar. Denn in derselben Umfrage bekennen sich selbst die Wähler der SPÖ nur zögerlich dazu, Rendi-Wagner zur Kanzlerin wählen zu wollen. Wie berichtet, sagen derzeit 18 Prozent der Wahlberechtigten direkt, dass sie Rendi-Wagner wählen würden, wenn man den Kanzler direkt wählen könnte – für Sebastian Kurz würden doppelt so viele votieren. Allerdings kommen da noch fünf Prozent der Befragten hinzu, die Rendi-Wagner "am ehesten" wählen würden.

Regieren bleibt Zukunftsmusik

Und so sieht es dann auch mit der Aussicht auf eine Rückkehr der SPÖ in die Regierung aus: Zwar wünschen sich 42 Prozent der Befragten, also weit mehr als die rund 26 Prozent, die die SPÖ in der hochgerechneten Sonntagsfrage der Vorwoche hat, dass die SPÖ der nächsten Bundesregierung angehört. Andererseits glauben nur 30 Prozent, dass das tatsächlich so passieren wird.

Dazu muss man auch die Interessenlagen, die die Wählerinnen und Wähler umtreiben, berücksichtigen: Rund jeder Dritte meint, dass Österreich ohne die SPÖ in der Regierung schlechter dastünde als mit einer SPÖ-Regierungsbeteiligung. Aber nur 17 Prozent geben an, dass es für sie selbst ein persönlicher Nachteil sei, dass die SPÖ nicht in der Regierung vertreten ist. Überdurchschnittlich oft wird dieser persönliche Nachteil von Wählern der SPÖ und der Grünen wahrgenommen.

SPÖ hat ihre Rolle nicht gefunden

Zurück zur Partei und deren Positionierung: Nur 13 Prozent der Wahlberechtigten glauben, dass die SPÖ sich nach einem Jahr in ihre neue Rolle als Oppositionspartei eingefunden habe. Und die Befragten haben eine Vorstellung davon, wo man nachschärfen könnte, sagt Pfarrhofer: "Nach wie vor, also wie vor zwei Jahren, wird der SPÖ besonders empfohlen, sich auf die Interessen der arbeitenden Bevölkerung zu konzentrieren. Das sagen besonders ältere Befragte – und selbst die Leute, die selber die ÖVP oder die FPÖ wählen, sehen in der SPÖ die Partei der Arbeiterinteressen."

Relativ klar – von 42 Prozent anerkannt – ist die Positionierung der SPÖ als Partei einer gerechten Gesellschaft. Hier konnte die SPÖ in den vergangenen Jahren leicht zulegen.

Die Grünen "quasi beerbt"

Was vor allem in der eigenen Anhängerschaft zählt, ist die Sensibilität in Menschenrechtsfragen; 42 Prozent der Wahlberechtigten, aber 68 Prozent der SPÖ-Wähler sehen hier eine besondere Kompetenz – im Vergleich zur Umfrage von vor zwei Jahren eine deutliche Zunahme, nämlich um sieben Prozentpunkte. Pfarrhofer führt das darauf zurück, dass die SPÖ in diesem Politikfeld die aus dem Parlament ausgeschiedenen Grünen "quasi beerbt" hat. Dazu kommt, dass quer durch die Anhängerschaft der Oppositionsparteien der SPÖ eine "anständige Haltung in der Ausländerpolitik" bescheinigt wird.

Weniger ausgeprägt ist allerdings die Ansicht, die SPÖ stehe insgesamt für Anstand in der Politik (28 Prozent).

Nur jeder Vierte erwartet Neupositionierung

Wie es unter Rendi-Wagner weitergehen wird? Nur 26 Prozent (aber etwa die Hälfte der SPÖ-Wähler) erwarten sich eine völlige Neupositionierung der SPÖ. Und neue Ideen wären ebenfalls gefragt: Diese trauen der SPÖ derzeit nur 18 Prozent zu. Aber das kann nach dem Parteitag anders werden, hier komme es viel auf die Stimmung an, meint Pfarrhofer.

(Conrad Seidl, 24.11.2018)