Das Leben ist ein Theater. Die Figur Uli Hoeneß wird auf die Bühne gebracht.

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Uli Hoeneß als Spieler (l.) mit Paul-Pavian Breitner.

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Ulm – Der Sohn eines Fleischhauers arbeitet sich empor bis an die Spitze des erfolgreichsten deutschen Fußballvereins und stürzt tief hinab: Er landet im Gefängnis. Die Biografie von Uli Hoeneß hat das Zeug zur klassischen Tragödie. Sein Leben kommt nun in seiner Geburtsstadt Ulm auf die Bühne. "Aufstieg und Fall des Uli H. – eine deutsche Wurstiade" wird am Freitag uraufgeführt.

Doch auch wenn der Titel große Schicksalswendungen verheißt, die Brüche im Leben des Uli H. kommen als launige Musik-Revue daher. Zwischen Stadiongesängen, Pop-Hits und Schlagern zeichnen die sechs Darsteller ein kabarettistisches Porträt vom Präsidenten des FC Bayern respektive Wurstfabrikanten. "Wir zitieren wohlgemerkt nur", betont einer der Darsteller zu Beginn. Denn alles gesagt werden dürfe nicht. Ohne durchgängige Rollenverteilung und im Spiel mit den Zitaten fallen trotzdem deutliche Worte.

"Sensationelle Auftritte in der Sportschau"

Zwei Monate hat Autorin Sarah Kohrs sich in ein halbes Dutzend Biografien eingelesen und "sensationelle Auftritte in der Sportschau" angesehen. Denn das Theater in Hoeneß' schwäbischer Heimatstadt hatte sie mit dem Schreiben des Stücks beauftragt. Kohrs stöberte nach Wendepunkten, die sich auf die Bühne bringen lassen: "Die Nacht von Belgrad – Hoeneß' verschossener Elfmeter – lässt sich schwer zeigen. Wie der FC Bayern beim jungen Uli in Ulm an die Tür klopft hingegen schon."

Ab da begann eine einmalige Fußballkarriere, die die erste Hälfte der zwei Mal 45 Minuten dauernden Aufführung bestimmt: Europameister mit 20, Weltmeister mit 22, Sportinvalide mit gerade 27 – doch der wirkliche Aufstieg des Uli H. ging bekanntermaßen aus seinem sportlichen Tiefpunkt hervor: 1979 wird er Manager des FC Bayern und formt den klammen Verein in den kommenden Jahrzehnten zur Weltmarke.

Ganz oben angekommen. Bei einer klassischen Tragödie müssten die Zuschauer nun mit der Katastrophe rechnen. Und auch in der heiteren Revue verdüstert sich die Stimmung in der zweiten Halbzeit zunehmend: Unter anderem Hoeneß, der die Koks-Affäre um Christoph Daum anstößt. "Wir wollten diese wahnsinnig schillernde Person in ihrer Mehrschichtigkeit darstellen", sagt Regisseur Stephan Dorn. Den Vorwurf der Doppelmoral muss sich der Theater-Hoeneß ebenso wie sein Vorbild gefallen lassen.

Held auf dunkler Bühne

Ganz allein steht der Titelheld nun auf dunkler Bühne. Es ist März 2014 und Hoeneß' wegen mindestens 28,5 Millionen Euro hinterzogener Steuern zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Doch das Licht geht wieder an, die übrigen Schauspieler kommen zurück – die Geschichte des Uli H. ist auch an diesem Tiefpunkt noch nicht zu Ende erzählt. Während der Proben habe der ins Amt zurückgekehrte Präsident fortwährend für neue Schlagzeilen gesorgt, heißt es auf der sechseckigen, im Fußballmuster gestalteten Bühne; zwei riesige Würste bilden die Kulisse. "Alles hat ein Ende, nur der Wurstfabrikant hat zwei."

Auf eine Einladung ins Theater habe Hoeneß übrigens bisher nicht reagiert, erzählt der Regisseur. "Ich stelle mir manchmal vor, dass er hier steht." Und dann habe Uli Hoeneß hoffentlich ein bisschen Selbstironie dabei. (APA, 22.11.2018)