Der Tauernwindpark in der Steiermark ist einer der höchstgelegenen in Österreich. Anders als in Deutschland und vielen anderen Ländern müssen die Betreiber auch Netzkosten zahlen und sind auch mit höheren Kosten für die Kreditbereitstellung konfrontiert als anderswo.

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Wien – Die Windenergiebranche hat schon lange über die unverhältnismäßig hohen Netztarife gejammert, die ihrer Ansicht nach die Wirtschaftlichkeit der Produktion von Strom aus Wind-, aber auch aus anderen erneuerbaren Quellen mindert. Dieses Gefühl wurde nun erstmals in einer breit angelegten Studie zu etwas Konkretem destilliert. Im Gegensatz zu Deutschland, Schweiz oder Frankreich fallen die regulatorischen Kosten, die auf heimischen Erzeugern erneuerbarer Energien lasten, schwer ins Gewicht und beeinträchtigen die Wettbewerbsfähigkeit, hat Agora Energiewende in einer selbst initiierten Vergleichsstudie herausgefunden.

Vier große Kostenblöcke wurden zu diesem Zweck untersucht: Steuern, Finanzierung, Netzanschluss sowie Planung und Genehmigung der Anlagen. "Dabei hat sich gezeigt, dass Österreich im internationalen Vergleich insbesondere bei Netzkosten und Finanzierung schlecht abschneidet", sagte Christian Redl, der die Studie "Cross Border Renewables Cooperation" in der Berliner Denkfabrik Agora Energiewende mitbetreut hat, dem STANDARD.

Volllaststunden sind nicht alles

Die Studie basiert auf Interviews mit Projektentwicklern und finanzierenden Banken in Österreich, Deutschland, Schweiz, Frankreich, Belgien, Luxemburg und den Niederlanden. Als Referenzobjekt diente ein Windpark mit sechs Turbinen à drei Megawatt (MW), 3.000 Volllaststunden im Jahr und Investitionskosten von 1.200 Euro je Kilowatt. Mit allen Nebengeräuschen resultieren daraus Stromgestehungskosten von knapp 80 Euro je Megawattstunde (MWh).

Die "Nebengeräusche" seien zwar jedes für sich genommen klein; zusammengerechnet seien sie aber vom Effekt her vergleichbar mit den Volllaststunden oder Technologiekosten. Steigt die Zahl der Volllaststunden um zehn Prozent, sinken die Stromgestehungskosten um acht Prozent. Verteuern sich hingegen die Investitionskosten um zehn Prozent, gehen die Stromgestehungskosten um 5,5 Prozent in die Höhe. Der Effekt unterschiedlicher regulatorischer Regime variiert in der Referenzrechnung zwischen zwölf Euro je MWh in Deutschland und 26 Euro je MWh im hart regulierten Belgien. Österreich liegt mit knapp 23 Euro je MWh regulatorischer Kosten nach Belgien an zweiter Stelle. Bei den Netzkosten hat Österreich in diesem Vergleich die Spitzenposition inne.

Wettbewerbsverzerrung

"Das hat auch Folgen für den Wettbewerb am Strommarkt", sagte Stefan Moidl von der IG Windkraft bei der Präsentation der Studie am Donnerstag. "Durch die höheren Netzkosten sind österreichische Erzeuger gegenüber jenen in Deutschland deutlich benachteiligt." Außer in Belgien müssten in keinem anderen der untersuchten Länder Stromerzeuger für die Netzkosten aufkommen. In allen anderen Ländern werden die Netzgebühren, so wie es in Österreich bis Ende 2008 der Fall war, von den Stromverbrauchern getragen.

Unsicherheiten im Fördersystem würden dazu beitragen, dass finanzierende Banken ihre Risikoaufschläge anheben. Dies führe dazu, dass die Projektkosten für Windkraftanlagen in Österreich abseits der Förderung fast doppelt so hoch seien wie jene in Deutschland. Wenn die von der Regierung angepeilten 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Quellen 2030 bilanziell über das Jahr gesehen erreicht werden sollen, müsse der Wettbewerbsnachteil durch hohe Netzkosten behoben und die vergleichsweise teure Finanzierung durch mehr Planungssicherheit beseitigt werden, sagte Moidl. (Günther Strobl, 22.11.2018)