Es nahen EU-Wahlen, gesucht wird auch ein Nachfolger für den schlauen Küsserkönig und Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker. Mit gutem Grund bereisen also Kandidaten Europa und werben auch in der ZiB 2. Interviews in der TVthek-Langfassung sind dabei hilfreich. Weg sind die lästigen Bitten um "kürzere Antworten", weg der Hinweis, man sei "leider schon über der Zeit ..."

Die Langfassung des ZiB 2-Interviews.
ORF

Im Falle von Manfred Weber, dem neuen Stern der europäischen Volkspartei, ist die gedehnte Zeitstrecke, die Armin Wolf gut nutzt, allerdings auch nötig. Europabekannt ist Weber noch nicht über die Maßen. Und was schlagzeilenträchtig Mitreißendes anbelangt, ist noch Luft nach oben.

Glanzvolle Impulse waren jedoch noch nicht zu erkennen: Weber ballt die Faust, wenn er "geeint" sagt. Ansonsten gibt er den diskreten Diplomaten, der ironisch zu lächelnd scheint. Aber das stimmt nicht (erhellt die Langfassung). Auch der kurze Eindruck, Weber würde "Brexit" meinen und "Dreckxit" sagen, täuscht, obwohl er den Austritt der Briten natürlich sehr bedauert.

Immerhin: Es verfestigt den Eindruck, einer würde Europa gerne zusammenhalten. Weber plädiert für "offene Debatten in der Familie" und meint die EU-Staaten, die nicht "alles nach Brüssel delegieren" sollen. Er will "Lebensgarantien für EU-Bürger in England" und will nichts "mit Nazikräften" zu tun haben. In Zeiten bedrohter Demokratiebasics ist das eigentlich schon ganz gut.

Ein EU-Präsident aber wird in Zukunft womöglich über Wasser gehen oder Kollegen hypnotisieren müssen, um das EU-Gebäude zu bewahren. Ob Manfred Weber das kann, konnte auch die Langfassung nicht erhellen. (Ljubiša Tošić, 22.11.2018)