Innsbruck/Wien – Will man exotischen Quantenzuständen auf den Grund gehen, sind extreme Materialzustände äußerst hilfreich. Nun ist es einem Team aus Physikern aus Innsbruck und den USA erstmals gelungen, Mischungen aus Quantengasen aus den stark magnetischen Elementen Erbium und Dysprosium zu erzeugen. Bei Temperaturen nahe am absoluten Nullpunkt, der bei minus 273,15 Grad Celsius liegt, erhoffen sich die Forscher von dem Quantencocktail Hinweise auf ungewöhnliche physikalische Phänomene.

Francesca Ferlaino vom Institut für Experimentalphysik der Uni Innsbruck und dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) ist es 2012 erstmals gelungen, ein sogenanntes Bose-Einstein-Kondensat (BEC) aus dem stark magnetischen Element Erbium zu erzeugen. In diesem Zustand bei Temperaturen nahe dem Nullpunkt haben die Atome ihre Individualität völlig verloren, schwingen im gleichen Takt – in etwa so wie die Lichtteilchen in einem Laser. Außerdem verhalten sie sich mehr wie eine Welle, beeinflussen einander gegenseitig, und bilden ein gemeinsames Quanten-Objekt.

Phänomene wie in superfluiden Flüssigkeiten

Mit solchen magnetischen Atomen lässt sich Quantenmaterie erzeugen, in der Teilchen über ihre Wechselwirkung wie kleine Magnete miteinander interagieren, erklären die Wissenschafter. Das kann dazu führen, dass in diesen Kondensaten Phänomene auftreten, wie sie in Flüssigkristallen oder superfluiden Flüssigkeiten herrschen – also Flüssigkeiten, die sich durch das Fehlen jeglicher innerer Reibung auszeichnen.

Bisher gelang es Wissenschaftern lediglich solche BECs etwa aus reinem Erbium oder Dysprosium herzustellen. Mit Hilfe speziellen Kombinationen von Lasern und Magnetfeldern schafften es die Wissenschafter um Ferlaino nun erstmals eine sogenannte dipolare Quantenmischung aus den beiden Elementen herzustellen. So konnte ein System geschaffen werden, "in dem Bose-Einstein-Kondensate aus Erbium und Dysprosium koexistieren und miteinander wechselwirken", so Arno Trautmann, einer der Erstautoren der im Fachjournal "Physical Review Letters" erschienenen Arbeit.

Starke Wirkung über große Entfernungen

Insgesamt gelang es dem Team sechs verschiedene Quantengas-Mischungen aus den beiden atomaren Zutaten herzustellen. Dabei zeigte sich, dass die beiden Elemente mitunter eine starke Wirkung aufeinander ausüben können. Neue Möglichkeiten eröffnen sich vor allem dadurch, dass dieser Effekt auch über relativ große Entfernungen wirkt, so die Wissenschafter, die sich von der neuen Mischung erhoffen, mehr über bisher schwer zu untersuchende Quantenzustände zu erfahren. (APA, red, 23.11.2018)