Das ist ein waschechter "Performance-SUV". Also ein Fast-Geländewagen mit ordentlich Leistung. Die kommt beim Jaguar I-Pace aus der Steckdose. Was lange lädt, wird endlich gut. Bis die volle Reichweite verfügbar ist, kann es eine Weile dauern.

Foto: Andreas Stockinger
Grafik: der Standard

Das Cockpit des Jaguars ist ordentlich aufgeräumt, nichts soll vom Fahrspaß ablenken.

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Kofferraum gibt es auch in diesem SUV mehr als ausreichend.

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Und hier noch die Ansicht von seitlich hinten.

Foto: Andreas Stockinger

Bevor man mit einem Elektroauto aufbricht, schaut man immer zuerst einmal auf den Ladestand und die Reichweitenanzeige. Denn ganz so leicht wie bei einem Verbrennungsmotor ist die Versorgung unterwegs nicht. Herkömmliche Tankstellen gibt es zur Genüge, das Tanken an sich ist in ein paar Minuten erledigt. Stromtankstellen gibt es wesentlich weniger – und oft sind sie stundenlang besetzt. Oder auch die ganze Nacht, wenn die Besitzer von E-Autos diese Ladestationen mit Parkplätzen verwechseln, was im städtischen Gebiet häufig vorkommt. Und dann ist es ja nicht so, dass der Wagen ruckzuck geladen ist. Das dauert. Das muss man einplanen. Am einfachsten ist es, von Garage zu Garage zu fahren und den Wagen immer gut geladen zu halten. Da haben wir schon Routine.

Performance-SUV

Der I-Pace, Jaguars erstes Elektrofahrzeug, ein sogenannter Performance-SUV, überraschte uns in mehrerlei Hinsicht. Ich übernahm den Wagen in halb geladenem Zustand, hängte ihn also erst einmal in der Garage an die ganz normale Steckdose. Starkstrom gibt's bei uns nicht. Nach ein paar Stunden holte ich den Wagen wieder ab. Noch immer halb voll. Oder halb leer. Verbliebene Ladezeit: 21 Stunden. Meine erste Reaktion: Das Auto muss kaputt sein. Das kann nicht sein. Tatsächlich aber: Wenn die Batterie leer ist, kann es an einer normalen Steckdose mit dem üblichen Haushaltsstrom bis zu 30 Stunden dauern, diese wieder komplett aufzuladen. Ich sagte mir: "Na Oida!"

An einem Gleichstromschnellladegerät, wie sie nun doch in größerer Zahl aufgestellt werden, geht es schneller, aber auch nicht im Handumdrehen.

Sportwagenwerte

Das liegt vor allem an der doch recht anspruchsvollen 90-kWh-Batterie des I-Pace, die aus Lithium-Ionen-Pouch-Zellen mit hoher Energiedichte besteht. Hohe Lebensdauer und maximale Leistung über lange Zeiträume erfordern eben außerordentliche Energiezufuhr. Dafür gibt es tatsächlich Leistung: Der SUV hat die Daten eines Sportwagens. Die Beschleunigung von null auf 100 km/h erfolgt in gerade einmal 4,8 Sekunden. Das volle Drehmoment ist praktisch sofort nutzbar. Spitze: 200 km/h.

Der I-Pace wird von zwei Permanentmagnet-Synchronmotoren angetrieben, die jeweils 200 PS, gemeinsam also 400 PS leisten und ein Drehmoment von insgesamt 696 Newtonmeter bereitstellen. Das ist schon gewaltig.

Beherzt locken

Und ich muss aus meiner subjektiven Erfahrung sagen: Noch kein Elektroauto zuvor hat so viel Spaß gemacht, war so sportlich angelegt, war so handlich und agil. Wenn man die Hemmschwelle der Energievernichtung, die einem in einem Auto mit Elektroantrieb noch deutlicher vor Augen geführt wird als in einem mit Verbrennungsmotor, erst einmal überwunden hat und beherzt den Motor lockt, lässt sich dieser Jaguar so flott und fröhlich bewegen, wie man es diesem nicht kleinen und nicht leichten Fahrzeug (mehr als zwei Tonnen Gewicht!) nicht zugetraut hätte. Das macht richtig Spaß.

Aber man kann natürlich auch auf die Reichweite achten und vorsichtig gleiten. Das wird die übliche Herangehensweise sein.

Reichweite

Eines muss nämlich auch dazu gesagt werden: Laut Papier hat der I Pace eine Reichweite von 480 Kilometern. Theoretisch. Unter idealen Laborbedingungen. In der Praxis stand bei voller Ladung 320 Kilometer Reichweite am Bordcomputer, und die fiel in der Stadt schneller, als tatsächlich Kilometer gefahren wurden. Ehe man von Wien nach Salzburg aufbricht, überlegt und bangt man also dreimal, ob sich das ausgeht. Sind rund 300 Kilometer. Könnte sich ausgehen. Muss aber nicht.

Da dreht man dann schon die Klimaanlage ab und intuitiv das Radio leiser, damit nur ja kein zusätzlicher Strom verbraucht wird. Denn irgendwo in der Einöde am Ladekabel hängen, wenn man denn eine Station findet, und wenigstens 30 Minuten auf die Dröhnung warten (bei einem normalen 50-kW-Ladegerät etwa 100 Kilometer Reichweite pro 15 Minuten), nein, das kann nicht die Zukunft des Autofahrens sein. (Michael Völker, 28.11.2018)