Austrias Kevin Friesenbichler (li) und Rapids Marvin Potzmann machten das Kraut auch noch nicht fett.

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Für Austrias Markus Kraetschmer (46) ist die Teilnahme am Europacup Pflicht.

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Für Rapids Schweizer Fredy Bickel (53) ist die Teilnahme am Europacup Pflicht.

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Wien – Es ist natürlich keine Verbrüderung, aber Rapid und die Austria plagen ähnliche Sorgen. Die beiden Wiener Groß- oder auch Kleinklubs grundeln in den Tiefen der Bundesliga, sie bangen um die Teilnahme am Playoff der besten sechs. Der Blick auf die Tabelle schreckt Violett wie Grünweiß, Austrias Wirtschaftsvorstand Markus Kraetschmer hat nach 14 Runden 18 Zähler (Salzburg 38!), ist Sechster, also gerade über dem ominösen Strich. Fredy Bickel, der Sportverantwortliche von Rapid, hält mit 16 Punkten und Platz acht dagegen. Allerdings sind die Seinen mehrfach belastet, die Gruppenphase der Europa League strengt schon an. Beide sagen, getrennt voneinander befragt: "Das geht gar nicht. Uns fehlt die Stabilität." Da Resignation keine Lösung ist, sind sie Optimisten. "Wir haben es in der eigenen Hand, aber wir brauchen dringend Ergebnisse." Kraetschmer ergänzt: "Die Joker sind aufgebraucht."

Ruf der Geister

Rapid empfängt am Sonntag den Tabellenzweiten LASK. Die Linzer spielen eine famose Saison ohne Durchhänger. Bickel: "Als Rapidler darf man nicht sagen, dass der andere der Favorit ist. Man legt darauf Wert, etwas Besonderes zu sein, das wird gepflegt. Die Erwartungshaltung ist extrem hoch. Und die Enttäuschung ist umso größer. Es sind die Geister, die man rief." Die Austria gastiert bereits am Samstag beim Schlusslicht Admira. Kraetschmer: "Wäre ich nicht überzeugt, dass wir gewinnen, müsste ich nicht in die Südstadt fahren." Wie Bickel sieht auch er in der Erwartungshaltung ein gewisses Problem. "Die Austria pflegt das Klischee vom schönen Fußball. Auch ich habe Herbert Prohaska spielen sehen. Aber die Welt hat sich verändert. Es gibt keine Ikonen mehr, am Transfermarkt sind dir Grenzen gesetzt."

Es wird hinterfragt, nachgedacht, geforscht, Fehler werden analysiert. Bickel begann bei sich selbst. Die Transfers (Pavlovic, Ivan, Barac, Knasmüllner, Alar) hätten nicht den gewünschten Effekt gebracht: "Ich zweifle nach wie vor nicht an der Qualität, aber die meisten waren nicht fit, brauchten Zeit, die man nicht hat. Es war eine Fehleinschätzung." Zudem habe man das Augenmerk zu sehr auf den Europacup gelegt "und ist im Alttag gescheitert, der Rückstand ist viel zu groß". Erschwerend kamen die Turbulenzen um Trainer Goran Djuricin hinzu. Bickel wollte helfen, kalmieren, suchte die Nähe zur Mannschaft. "Ich habe mich immer schützend vor die Spieler gestellt, versucht, die mäßigen Leistungen zu erklären." Damit sei nun Schluss. "Sie stehen in der Verantwortung, es liegt an ihnen. Schluss mit Selbstmitleid. Rapid ist kein Kindergarten." Immerhin sei die Stimmung, nicht zuletzt bei den Fans, seit der Bestellung von Dietmar Kühbauer zum Trainer besser geworden. Die Resultate sind schlecht geblieben. Kühbauer schaffte in neun Partien einen Schnitt von 1,22 Punkten. Darüber lachen Hartberg und der WAC. Theoretisch.

Die Austria lacht nicht. "Wir sind im Umbruch, haben noch keine Stamm-Elf und wie Rapid viele Verletzte", sagt Kraetschmer. Auch dieser Klub unterliegt den Mechanismen des Fußballs. Trainer Thorsten Fink wurde noch im Laufe der Vorsaison gefeuert, Nachfolger Thomas Letsch hat einen Schnitt von 1,48 Zählern (29 Partien). Kraetschmer stellt den Deutschen nicht infrage, er spricht ihm auch nicht das Vertrauen aus, das wäre nämlich der Anfang vom Ende. "Wie sehen, wie akribisch er und sein Stab arbeiten. Klar, die Ergebnisse passen nicht, aber der Plan stimmt."

Beide Vereine haben neue Heimstätten, Rapid war mit dem Allianz-Stadion zwei Jahre früher dran. Die Austria eröffnete im Sommer die Generali-Arena, Festungen sind es keine geworden. Gut, der Zuschauerschnitt wurde angehoben. Bickel: "Ein Stadion spielt nicht Fußball." Kraetschmer: "Ein Stadion allein gewinnt nicht. Es war trotzdem eine extrem wichtige Maßnahme, die Infrastruktur ist die Basis."

Geld vorhanden

Wirtschaftlich stehen Rapid und die Austria nicht schlecht da. Unabhängig vom sportlichen Misserfolg werden schwarze Zahlen geschrieben. Rapid vermeldete im Geschäftsbericht für die Saison 2017/18 einen Umsatz von 41,7 Millionen und einen Gewinn von 2,37. Die Austria legt die Bilanz erst vor, Kraetschmer verrät sie dem STANDARD. Umsatz 36 Millionen, Gewinn 660.000. Das schafft einen gewissen Spielraum. Transfers im Winter sind nicht ausgeschlossen. Bickel: "Aber keiner Transfers aus Not, sie müssen Sinn machen."

Man wollte die sportliche Lücke zu Red Bull Salzburg eigentlich verkleinern, finanziell bleibt man ohnedies abgeschlagen Zweiter und Dritter. Sie ist aber größer geworden. Kraetschmer: "Es ist bewundernswert, wie konsequent dort gearbeitet wird. In Bereichen wie Scouting kann man lernen." Am 16. Dezember steigt das Derby, danach ist Winterpause. Im Frühjahr stehen noch vier Runden des Grunddurchgangs an. Bickel und Kraetschmer sind sich einig: "Wir müssen Lücken zu Hartberg, WAC und St. Pölten schließen." (Christian Hackl, 23.11.2018)