Cardiff/Wien – Gareth Thomas ist eine Allzeitgröße im walisischen Rugby. Der mittlerweile 44-Jährige aus Bridgend war zu seiner aktiven Zeit mit 100 absolvierten Ländermatches Rekordinternationaler seines Landes, führte die Nationalmannschaft als Kapitän an. Doch Thomas ist auch der erste prominente Rugbyspieler, der sich 2009 zu seiner Homosexualität bekannt hat. Vor wenigen Tagen nun machte er in einem Video auf Twitter öffentlich, dass er in Cardiff Opfer einer homophoben Attacke geworden war.

Mit sichtbar zerschrammtem Gesicht sagte Thomas, er wolle versuchen, trotz allem eine positive Botschaft zu verbreiten. Er habe sich, so Thomas weiter, dafür eingesetzt, dass die Angreifer durch Wiedergutmachung einer Vorstrafe entgehen können. "Ich habe das getan, weil ich glaube, dass sie so mehr lernen können." Ein 16-Jähriger wurde mittlerweile der Mittäterschaft überführt, er hat gestanden und sich bei seinem Opfer entschuldigt.

Ein sichtlich mitgenommener Gareth Thomas macht den Angriff auf ihn öffentlich.

"Das ist nicht cool"

Nicht nur aus der Rugbywelt kamen in der Folge zahlreiche Solidaritätsbekundungen. Neville Southall, ehemaliger Keeper des walisischen Fußballnationalteams, twitterte: "Tausende unterstützen dich, finde es großartig, dass du dich auf Positives konzentrierst. Bleib weiterhin ein Role Model." Der bereits jetzt legendäre walisische Referee Nigel Owens, der seine Homosexualität ebenfalls offen lebt, pries Thomas für seinen Mut. Frankreichs Rugbyverband gab bekannt, dass seine Auswahl am Samstag im Test gegen Fidschi Schuhbänder in Regenbogenfarben verwenden wird. Die walisische XV wird es den Franzosen in ihrem Spiel gegen Südafrika gleichtun – und auch Österreichs Meister RU Donau Wien wird in seiner Meisterschaftspartie (19 Uhr, Donau-Rugbypark im Wiener Prater) gegen die Wombats aus Wiener Neustadt dieses Zeichen setzen.

"Die Spieler wollten das, sie waren gleich Feuer und Flamme", sagte Sportdirektor Stiig Gabriel dem STANDARD. "Auch in unserem Verein gibt es Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierung. Es ist uns ein Bedürfnis, deutlich zu machen, dass wir Homophobie nicht akzeptieren. Auch unseren Jugendlichen wollen wir so deutlich vermitteln: Das ist nicht cool." Respekt, so Gabriel, sei ein Wert, der im Rugby nicht nur beschworen, sondern auch gelebt wird. "Wir üben einen harten Kontaktsport aus, und das gefällt uns auch. Aber wir ergehen uns nicht in Machogehabe."

Die Packeln der RU Donau für das Match gegen die Wombats.
Foto: RU Donau

Thomas, der sich seit seinem Outing als Aktivist für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgenderpersonen (LGBT) einen Namen gemacht hat, meinte, er fühle sich demütig angesichts der Unterstützung, die er erfahre. Von 2004 bis 2007 hatte er für den französischen Spitzenklub Toulouse gespielt und 2005 den Europacup der Meister gewonnen. "Nachdem die physischen Narben geheilt sind, möchte ich ein unglaubliches Danke von mir und der LGBT-Community sagen. Meine seelischen Wunden werden nicht so schnell vergehen, sie werden mich jedoch motivieren, umso mehr für eine Welt zu kämpfen, in der die Akzeptanz von allen Normalität ist. Dass die Spieler die Regenbogenbänder tragen, ist ein immenses Zeichen für Inklusion."

Die sogenannte Rainbow-Laces-Kampagne in Großbritannien war 2013 von Stonewall initiiert worden, einer Stiftung, die sich für Schwulenrechte einsetzt. 2010 hatte sie Thomas, damals auch zur einflussreichsten schwulen Person im Vereinigten Königreich gewählt, als "Held des Jahres" ausgezeichnet. Kirsty Clarke, Leiterin der Sportbelange bei Stonewall, sagte nun der BBC: "Was Gareth Thomas zugestoßen ist, ist eine schmerzliche Erinnerung daran, wie viel Arbeit noch vor uns liegt, bevor LGBT-Menschen sie selbst sein können, wo immer sie auch sind."

Springboks in Cardiff

Das samstägliche Match, in dem die Waliser im Principality Stadium Südafrika empfangen, ist Teil des traditionellen herbstlichen Testreigens im internationalen Rugby. Dem Team von Cheftrainer Warren Gatland könnte es dabei mit einem weiteren Erfolg erstmals gelingen, alle vier seiner Partien in diesem Rahmen siegreich zu absolvieren. In den letzten Wochen konnten bereits Australien (knapp) sowie Schottland (souverän) und Tonga (deutlichst) bezwungen werden.

Gegen die unter neuer sportlicher Leitung, angeführt von Teamchef Rassie Erasmus, wiedererstarkten Springboks darf eine knappe Sache erwartet werden. Obwohl die Bilanz der Gäste gegen Wales nach wie vor beeindruckt (28 Siege in 34 Begegnungen), ist ein südafrikanischer Triumph, wie das in früheren Jahren durchaus noch der Fall war, keine ausgemachte Sache mehr. Definitiv vorbei sind Zeiten, in denen Kantersiege wie das 96:13 aus dem Jahr 1998 möglich waren, als Südafrika den Walisern in Pretoria nicht weniger als 15 Tries auf den Buckel band. Im Gegenteil konnten die Dragons die letzten drei Spiele gegen den zweifachen Weltmeister für sich entscheiden.

Weitere Begegnungen am Samstag: England vs. Australien, Italien vs. Neuseeland, Irland vs. USA sowie Schottland vs. Argentinien. (Michael Robausch, 24.11.2018)