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Anhänger des unabhängigen Bürgermeisters Ko Wen-je feiern in Taipeh dessen Wiederwwahl

Foto: AP/Chiang Ying-ying

Taipeh/Peking – Vor dem Hintergrund zunehmender Spannungen mit China hat Taiwans Regierung bei den Kommunalwahlen des Landes eine schwere Niederlage erlitten. Die Peking-kritische Präsidentin Tsai Ing-Wen kündigte nach der Wahlschlappe am Samstag ihren Rückzug als Chefin der Fortschrittspartei DPP an.

"Die Öffentlichkeit hat ihre Meinung gezeigt. Wir werden eine gründliche Überprüfung durchführen", sagte Tsai Ing-Wen auf einer landesweit live übertragenen Pressekonferenz. Ihre Partei konnte lediglich sechs der 22 Städte und Regionen, in denen gewählt wurde, gewinnen. Bei der vorangegangenen Wahl hatte sie noch 13 Siege eingefahren. Dagegen setzte sich die Oppositionspartei Kuomintang in mindestens 15 der lokalen Wahlen durch.

Distanz zu China

Die Kommunalwahlen galten als Stimmungstest für Tsai Ing-Wen, die als energische Verfechterin der Unabhängigkeit des Landes gilt. Seit ihrem Amtsantritt vor zwei Jahren ist sie mit ihrer DPP – anders als die Vorgängerregierung der Kuomintang – zu Peking immer mehr auf Distanz gegangen. Nach ihrem Wahlsieg hatte sie China ausdrücklich vor einer "Unterdrückung" Taiwans gewarnt.

Peking betrieb zuletzt verstärkt die internationale Isolierung Taiwans. Von zwei Dutzend meist kleineren Staaten, die Taiwan diplomatisch noch anerkannt hatten, konnte Peking fünf weitere auf seine Seite ziehen.

Zehntausende demonstrierten

Die schlechten Beziehungen zum großen Nachbarn spalten die Insel zunehmend. Pekings härteres Vorgehen löste im Oktober Proteste aus, bei denen Zehntausende Taiwanesen für eine formelle Unabhängigkeitserklärung demonstrierten.

Das Ergebnis der Kommunalwahlen zeigt nun aber, dass viele Taiwanesen eher eine Entspannung im Verhältnis zu Peking wünschen. Beobachter wiesen darauf hin, dass auch rein lokale Themen, etwa wirtschaftliche Sorgen, eine Rolle bei den Wahlen gespielt haben.

Der Streit um den Status Taiwans geht auf den Bürgerkrieg in China zurück, als die Truppen der nationalchinesischen Kuomintang nach ihrer Niederlage gegen die Kommunisten Maos nach Taiwan geflüchtet waren. Seit Gründung der Volksrepublik 1949 betrachtet Peking die Insel als abtrünnigen Landesteil und droht mit einer Rückeroberung.

Mehr als zwei Jahrzehnte hielt die "Republik China" in Taiwan sogar noch den ständigen Sitz Chinas im Weltsicherheitsrat. Taipeh musste ihn 1971 an Peking abgeben und verlor auch seine Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen. Die Regierung in Taipeh ist seither selbst von ihren Anspruch abgerückt, ganz China zu repräsentieren.

Referenden gegen Homo-Ehe

In Taiwan haben sich die Gegner der Homo-Ehe in mehreren Referenden durchgesetzt. Mehr als sieben Millionen Wahlberechtigte stimmten am Samstag dafür, dass die Ehe der Verbindung zwischen Frau und Mann vorbehalten bleiben soll.

Mehr als sechs Millionen votierten zudem dafür, dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften rechtlich gesondert behandelt werden sollten. Dagegen erhielten die Befürworter der Homo-Ehe, die sich für gleiche Rechte stark gemacht hatten, für ihren Vorschlag nur rund drei Millionen Stimmen.

Die Pro-Familien-Gruppe Koalition für das Glück der nächsten Generation begrüßte das Ergebnis als "Sieg für alle Menschen, die Familienwerte schätzen". Die Sprecherin der Koalition für Gleichheit der Ehe, Jennifer Lu, zeigte sich dagegen enttäuscht von dem "absurden Referendum". Der "Rückschritt bei der Gender-Gleichheit" sei der "größte Schlag gegen Taiwans demokratische Werte".

In dem zeitgleich mit Kommunalwahlen organisierten Referendum wurde über mehrere Vorlagen verschiedener Aktivistengruppen abgestimmt. Taiwans oberstes Gericht hatte im Mai 2017 die Homo-Ehe legalisiert – Taiwan war damit das erste Land in Asien.

Das Gesetz sollte binnen zwei Jahren in Kraft gesetzt werden. Doch hat die Regierung unter dem Druck konservativer Aktivisten bisher nur wenig Fortschritte in diese Richtung gemacht. Für den Auftrag, ein neues Gesetz auszuarbeiten, hätten mehr als 25 Prozent der Wähler mit Ja stimmen und die Ja-Stimmen gegenüber den Nein-Stimmen überwiegen müssen. (APA, dpa, 24.11.2018)