In den Krankenhäusern Aleppos werden Verletzte behandelt.

Foto: George OURFALIAN / AFP

Aleppo – Die beiden Journalisten trafen ihre Mörder um 11 Uhr am Vormittag. Während sich die meisten Bewohner der nordsyrischen Kleinstadt Kafranbel am vergangenen Freitagvormittag dem Gebet widmeten, fielen plötzlich Schüsse. Raed Fares wurde schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht, Hamoud Jneed war auf der Stelle tot. Fares, ein 46-jähriger ehemaliger Medizinstudent, und sein Kompagnon, 38, zählten zu den bekanntesten Sprachrohren des syrischen Aufstandes, jedenfalls zu dessen Beginn.

Ihre "Union der Revolutionsbüros" unterstützte die Bewohner der Stadt, die sich unter den Ersten gegen das Regime von Bashar al-Assad erhoben – und deren Stadt immer wieder Schauplatz heftiger Kämpfe wurde, zuletzt 2016, als die Welt auf die Schlacht um das nahe Aleppo blickte. Radio Fresh, 2012 ins Leben gerufen, war der erste Sender, der aus den syrischen Rebellen gebieten Programm in das Land ausstrahlte. Sein jüngstes Projekt, Fresh TV, konnte Fares nicht mehr umsetzen.

Dass keine zwei Tage nach dem Mord an den beiden Journalisten Gasgranaten von Kafranbel aus, das zu der im September von Russland und der Türkei ausgehandelten Pufferzone rund um Idlib gehört, auf Aleppo abgefeuert wurden, dürfte kein Zufall sein. Mehr als 100 Menschen wurden nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Sana verletzt.

Chlorgas in Granaten

Das mit Russland verbündete Regime nannte den Angriff auf Aleppo einen "Terrorakt" und ließ Fotos und Videos verbreiten, die zeigen sollen, wie zahlreiche Menschen mit Atemproblemen in Krankenhäusern behandelt werden. Der Polizeichef von Aleppo berichtet, dass die Sprengköpfe giftiges Gas beinhalteten, die zu Erstickungsanfällen bei Zivilisten führten. Russische Kampfflugzeuge haben nach Angaben des Kreml am Sonntag als Reaktion mutmaßliche Rebellenstellungen in der Nähe Aleppos bombardiert. Die Armee reagiere damit auf den Beschuss der lange umkämpften, ehemaligen Rebellenhochburg mit Granaten, die mit Chlorgas gefüllt waren, ließ Moskau verlauten.

Es waren die ersten Luftangriffe auf den Landstrich, seit Moskau und Ankara dort einen Waffenstillstand ausgehandelt haben, um eine Eskalation in der letzten von Rebellen gehaltenen Region im Nordwesten Syriens zu verhindern. Russland hat angekündigt, sich mit der Türkei über das weitere Vorgehen nach dem mutmaßlichen Chlorgasangriff zu beraten. Die Rebellen wiesen jede Verantwortung für den Einsatz der verbotenen Waffe zurück und beschuldigen das Regime der Lüge. Weder sei man im Besitz von Chemiewaffen, noch könne man sie herstellen, wird beteuert.

Die Regierung in Damaskus rief den UN-Sicherheitsrat zu einer Verurteilung der Rebellengruppen auf. Deren stärkste Fraktion ist Tahrir al-Sham, die mit dem Terrornetzwerk Al-Kaida verbündet ist. Russland beschuldigt diese Gruppe, für den folgenschweren Chlorgasangriff auf Aleppo verantwortlich zu sein. (flon, 25.11.21018)