Die Umweltorganisation Greenpeace protestierte gegen den ersten Entwurf des Standortentwicklungsgesetzes.

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Wien – Am vergangenen Mittwoch hat das geänderte Standortentwicklungsgesetz (StEntG) den Ministerrat passiert und soll mit 1. 1. 2019 in Kraft treten. Aufgrund des massiven Widerstandes von Umweltschutzorganisationen, aber auch als Folge der Kritik nahezu aller namhaften Rechtsexperten wurde der ursprüngliche Kern des StEntG – die automatische Genehmigungsfiktion – fallengelassen.

Das Ziel der Verfahrensbeschleunigung in standortrelevanten Großverfahren soll stattdessen mit anderen Maßnahmen erreicht werden, die keine verfassungsrechtlichen Probleme aufwerfen dürften. Dies sind:

  • Redezeitbeschränkungen in der mündlichen Verhandlung;
  • Verfahrensförderungspflicht der Parteien und damit im Zusammenhang die Möglichkeit einer Kostenstrafe für schuldhaft verspätetes Vorbringen;
  • bei standortrelevanten Projekten soll das Verwaltungsgericht aufgrund einer Säumnisbeschwerde im Genehmigungsverfahren in der Sache selbst entscheiden;
  • Stellungnahmen sind nur innerhalb einer behördlich angeordneten Stellungnahmefrist zulässig.

Dass eine Beschleunigung der großen Umweltverfahren notwendig ist, kann niemand ernstlich bezweifeln: Laut UVP-Bericht des Umweltministeriums betrug die durchschnittliche Verfahrensdauer in erster Instanz zwischen 2009 und 2017 für "große" UVP-Verfahren 16,4 Monate.

Der Durchschnitt täuscht: Die Verfahrensdauer ist seit 2009 kontinuierlich gestiegen. Von 2015 bis 2017 lag der Durchschnitt für das Verfahren erster Instanz bei unzumutbaren 25 Monaten. Wohlgemerkt: der Durchschnitt, nicht die längsten Verfahren.

Dazu kommt noch die Durchschnittsdauer der Verfahren zweiter Instanz von zuletzt (also 2015 bis 2017) acht Monaten. Die durchschnittliche Verfahrensdauer von der Einreichung bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes ist also auf mehr als 30 Monate angewachsen.

Außerdem wurden in den Jahren 2016 und 2017 insgesamt nur 29 neue Genehmigungsverfahren eingereicht, während gleichzeitig rund 50 Verfahren anhängig sind. Selbst ohne mathematisches Talent kann man voraussagen, dass sich die durchschnittliche Verfahrensdauer weiter erhöhen würde, hätte der Gesetzgeber nicht wenigstens versucht, durch das StEntG gegenzusteuern.

Nur zwei bis drei Verfahren?

Mit der zuletzt auch von den beiden Umweltrechtsexperten Daniel Ennöckl und Martin Niederhuber im STANDARD (19.11.2018) wiederholten Aussage, Umweltorganisationen würden sich ohnedies "jährlich lediglich in zwei bis drei Verfahren einbringen", haben NGOs bisher jeglichen Einfluss auf die überlange Verfahrensdauer in Österreich abgestritten.

Diese Zahl von zwei bis drei Verfahren entspricht allerdings genauso wenig der Praxis wie die Behauptung, NGOs hätten keinen Einfluss auf die Verfahrensdauer. Allein von meinem Umweltrechtsteam werden sechs in diesem Jahr anhängig gemachte Umweltverfahren betreut, in denen NGOs und Bürgerinitiativen Einwendungen erhoben haben.

Prüft man die UVP-Entscheidungen der letzten Jahre, so kommt man auf 20 bis 30 Bewilligungs- und Feststellungsverfahren mit NGO-Beteiligung im Jahr. Es sind genau diese Verfahren, die für die aufgezeigten extrem langen Verfahrensdauern verantwortlich sind.

Eine tiefergehende Analyse der Dauer von Verfahren mit NGO-Beteiligung und solchen ohne ergibt, dass praktisch alle Verfahren mit NGO-Beteiligung über der durchschnittlichen Verfahrensdauer liegen, die anderen großteils darunter. Die teilweise enormen Zeitverzögerungen sind dabei oftmals auf eine destruktive, ausschließlich auf Verhinderung des Projekts statt auf Verbesserung der Umweltauswirkungen ausgerichtete Verfahrensführung der NGOs zurückzuführen.

Insofern ist der Versuch des Gesetzgebers, mit Redezeitbeschränkungen, Stellungnahmefristen und Kostenstrafen eine Verfahrensbeschleunigung zu erreichen, uneingeschränkt zu begrüßen. Es wird letztlich auch vom künftigen Verhalten der NGOs abhängen, ob diese Maßnahmen ausreichen oder weitere Schritte des Gesetzgebers nötig sein werden, um die Dauer vor allem großer Infrastrukturverfahren auf ein international vergleichbares Maß zu drücken. (Georg Eisenberger, 27.11.2018)