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Die Ex-Diplomatin Salome Surabischwili hat die Nase klar vorne.

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Wähler werden in Georgien mit einer Tinte markiert, die unter UV-Licht sichtbar wird.

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Tiflis – Die an EU und NATO orientierte Ex-Sowjetrepublik Georgien hat erstmals eine Frau an die Staatsspitze gewählt. Die von der Regierungspartei unterstützte Kandidatin Salome Surabischwili erhielt bei der Stichwahl zum Präsidentenamt knapp 60 Prozent der Stimmen, wie die Wahlkommission am Donnerstag in Tiflis mitteilte.

Die Opposition sprach bereits vor Bekanntgabe des offiziellen Ergebnisses von Wahlbetrug und rief die Bevölkerung zu Protesten auf. "Wir erkennen das Wahlergebnis nicht an und fordern vorgezogene Parlamentswahlen", sagte Kandidat Grigol Waschadse, der nur 40,5 Prozent der Stimmen erhielt. Er war für eine Elf-Parteien-Allianz unter Führung des exilierten Ex-Präsidenten Micheil Saakaschwili angetreten. Bei der Abstimmung sei es zu "massenhaftem Wahlbetrug" gekommen, erklärte der in der Niederlangen lebende Saakaschwili. Er rief seine Anhänger auf, "friedliche Massenkundgebungen zu starten und Neuwahlen zu fordern". Die Georgier müssten "Freiheit, Demokratie und das Gesetz verteidigen".

"Unangemessener Vorteil"

Die unabhängigen Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) kritisierten Mängel im Wahlkampf. Zwar sei der Wettbewerb der Kandidaten gewährleistet gewesen, erklärte die Organisation am Donnerstag in Tiflis. Im Wahlkampf sei aber ein Missbrauch staatlicher Ressourcen festgestellt worden, welcher der Regierungskandidatin zu einem "unangemessenen Vorteil" verholfen habe.

Die frühere Sowjetrepublik Georgien strebt die Mitgliedschaft in NATO und EU an. Die Präsidentschaftswahl wurde auch als Gradmesser für die demokratische Reife des Landes gewertet.

Wahlsiegerin Surabischwili hat eine ungewöhnliche Biografie: Sie ist die Tochter von Georgiern, die 1921 wegen der sowjetischen Besatzung nach Paris geflohen waren. Sie arbeitete als Diplomatin für den französischen Auswärtigen Dienst und vertrat Frankreich ab 2003 als Botschafterin in der georgischen Hauptstadt Tiflis. Der damalige Präsident Saakaschwili holte sie in die georgische Politik und machte sie zur Außenministerin. Allerdings kam es schnell zum Zerwürfnis, Surabischwili wurde zu einer scharfen Kritikerin von Saakaschwili.

Letzte Direktwahl

Es war das letzte Mal, dass das Präsidentenamt in Georgien per Direktwahl vergeben wurde. Nach dem Amtsantritt der Wahlsiegerin tritt eine Verfassungsänderung in Kraft, die den Posten nach einer früheren Verfassungsreform noch weiter auf repräsentative Aufgaben beschränkt. Amtsinhaber Giorgi Margwelaschwili hatte sich deshalb nicht erneut zur Wahl gestellt. Unter Saakaschwili war Georgien noch eine Präsidialrepublik.

Frankreich gratulierte der von der Regierungspartei Georgischer Traum des Milliardärs Bidsina Iwanischwili unterstützten Surabischwili. "Die neue Präsidentin wird auf unsere Entschlossenheit zählen können, weiter für die Souveränität und territoriale Integrität Georgiens in seinen international anerkannten Grenzen einzutreten", erklärte das französische Außenministerium.

Das Oppositionsbündnis um die Vereinigte Nationale Bewegung hatte der Regierung bereits vor der Stichwahl Wählereinschüchterung vorgeworfen. Surabischwili erklärte ihrerseits, sie und ihre Kinder hätten Morddrohungen erhalten. Menschenrechtsgruppen warfen der Regierung den Kauf von Stimmen in einem "nie da gewesenen" Ausmaß vor. Die georgische Generalstaatsanwaltschaft erklärte, sie prüfe die Vorwürfe. (APA, 29.11.2018)