"Eigentlich wollte ich nie hierherziehen. Als ich vor sechs Jahren am Schwarzen Brett des ORF eine Anzeige in Sachen Wohnungssuche aufgab, habe ich explizit geschrieben: 'Nicht im 23., 22. oder 21. Bezirk'. Die waren mir zu weit außerhalb. Und wo sind wir gelandet? Im 23. Bezirk, gleich in der Nähe des Rosenhügels, im ersten Stock eines unscheinbaren Hauses aus den 1960er-Jahren. Außer uns wohnen hier fünf andere Parteien.

Die TV-Moderatorin Mari Lang mag's gemütlich. Was sie darunter versteht? "Dass jeder in einem Zuhause so sein darf, wie er ist, ganz ohne Stress."
Foto: Nathan Murrell

Zuvor waren wir in Wien-Meidling zu Hause. Dort hat eigentlich alles gepasst, ich bin fast überallhin mit dem Fahrrad gefahren und fühlte mich auch sonst einigermaßen gut angebunden. Doch als sich Nachwuchs ankündigte, glaubten wir, etwas Neues suchen zu müssen. Das ist wahrscheinlich typisch in einer solchen Situation. Dabei hätten wir uns ruhig noch Zeit lassen können. Ich spreche von der Wohnungssuche. Mittlerweile sind wir zu viert, zu unserer ersten Tochter Frida kam noch ihre Schwester Irma.

Friss oder stirb

Warum wir uns die Wohnung überhaupt angeschaut haben, obwohl ich nicht hierher wollte, ist eine gute Frage. Es liegt wohl daran, wie die Vermieter die Sache angegangen sind. Sie machten keinen Druck und boten uns sogar an, hier Probe zu schlafen. Es war ganz anders als bei den anderen Wohnungen, für die wir uns interessierten. Bei denen herrschte dieser unsympathische, klischeehafte Druck seitens der Makler à la 'Friss oder stirb', und das möglichst schnell.

In der Eigentumswohnung der Langs steht man auf Farben und ist der Meinung, dass ein Interieur wachsen muss. Nur so kann es widerspiegeln, wer in ihm wohnt.
Foto: Nathan Murrell

Außerdem sind uns die Vermieter preislich entgegengekommen. Wir wollten nicht mehr als 1300 Euro Miete für die 107 Quadratmeter bezahlen. Ach ja, ein Garten gehört auch noch dazu. Der entpuppte sich mit den Mädchen natürlich als großes Glück, ganz zu schweigen vom Lainzer Tiergarten oder dem Maurer Wald. Beides liegt ganz in der Nähe.

Ich habe mich schon beim ersten Betreten der Wohnung wohlgefühlt. Ich denke, man spürt, ob Räume zu einem passen oder nicht. Es geht um so ein Gefühl von Heimeligkeit, weiters um einen Mix aus Licht, Wärme und Atmosphäre. So kamen wir also zu der Wohnung oder die Wohnung zu uns. Wie man es nimmt.


Früher war im Wohn- und Esszimmer das Wartezimmer eines Arztes untergebracht.
Foto: Nathan Murrell

Vor einem Jahr haben wir sie sogar gekauft und möchten gern ein, zwei Wände rausreißen und endlich eine neue Küche einbauen. Die jetzige ist richtig hässlich und das Bad übrigens auch. Früher war hier die Praxis eines Allgemeinmediziners untergebracht. Unser Wohn- und Esszimmer beherbergte das Wartezimmer. Irgendwie ein bisschen komisch, oder? Außerdem gibt es noch ein Gästezimmer, ein Schlaf- und ein Kinderzimmer sowie einen Raum, der schwer zu definieren ist. Ein Mittelding aus Büro und Wickelzimmer.

Froschgrüne Wand

Stilistisch ist unser Zuhause schwer einzuordnen. Ich denke, das Wichtigste an einer Wohnung ist, dass ihre Einrichtung mit der Zeit wächst und man den Objekten anmerkt, zu wem sie gehören. Wir haben sehr viele Dinge von Reisen mitgebracht, zum Beispiel einen braunen Plastikfisch aus Australien oder eine Holztafel aus Neuseeland. Es gibt eine sehr alte Küchenkredenz von der Caritas, und die gelben 50er-Jahre-Tischchen haben wir auf Willhaben gefunden. Farben sind mir sehr, sehr wichtig. Wer hat schon eine froschgrüne Wand im Wohnzimmer? Die haben wir quasi aus unserer alten Wohnung mitgenommen. Was die Einrichtung betrifft, sind sich mein Mann und ich immer sehr schnell einig.

Es geht für Mari Lang auch um das Unperfekte, das eine Wohnung und ihre Bewohner ausmacht.
Foto: Nathan Murrell

Ich habe es gern gemütlich, dabei ist der Begriff gar nicht so einfach zu definieren. Für mich bedeutet Gemütlichkeit, dass jeder hier so sein darf, wie er ist, ganz ohne Stress. Gemütlichkeit kommt einem Zustand gleich, auch wenn dieser für Kinder natürlich was anderes bedeutet. Das sieht man zum Beispiel an den Kakaoflecken auf dem Sofa. Die dürften ihnen ziemlich egal sein. Und ich muss halt mit dem vielen Rosa und den Aufklebern an der Wand im Kinderzimmer leben.

Suche nach dem Unperfekten

Wohnen ist eine Herausforderung, die Zeit benötigt. Was ich schlimm finde, sind Wohnungen, die austauschbar sind. Damit meine ich, dass man jeden x-Beliebigen hineinsetzen könnte. Das ist mit der Einrichtung eines Hotelzimmers zu vergleichen. Darum habe ich auch ein bisschen Bauchweh betreffend unseren Umbau. Ich meine, wenn etwas neu ist, dann hat es ja noch nicht die Zeit gehabt, um mit einem zu wachsen. Dabei muss ein Zuhause wachsen, um die Person widerspiegeln zu können, die in ihm wohnt.

Es geht auch um das Unperfekte, das eine Wohnung und ihre Bewohner ausmacht. Wohnen ist doch auch Leben. Man kann es allerdings übertreiben. Vor ein paar Wochen ist im Vorraum eine Glastüre in die Brüche gegangen. Jetzt hängt nur der Türrahmen in den Angeln. Wie ich uns kenne, wird das bestimmt noch ein Weilchen so bleiben. Den Mädchen taugt's jedenfalls, und sie benutzen den Rahmen derzeit als Pferdchen.

Wohntraum habe ich keinen. Wie gesagt, ich bin hier sehr zufrieden. Was mich allerdings reizt, wäre ein Trip mit einem Wohnwagen durch Europa, ganz ohne Zeitdruck." (Michael Hausenblas, OPEN HAUS, 5.12.2018)