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Seit Jahren wird über die Nutzung der Kaiserwiese gestritten. Eine Bürgerinitiative fordert, dass dort weniger Veranstaltungen stattfinden.

Foto: Willfried Gredler-Oxenbauer / picturedesk.com

Nicht jede Wiese hat eine solche Kulisse. Die Fläche vor dem Wiener Wahrzeichen Riesenrad, die Kaiserwiese, gilt als Entree in den Grünen Prater. Am Rande des Parks weisen zwei Tafeln auf eine Hausordnung für den "Wiener Volksprater" hin. Geregelt wird etwa, dass "Herumlungern, Betteln, Hausieren" untersagt sind und mit "einem Platzverbot geahndet" werden.

Verboten sind außerdem "Ballspiele oder andere sportliche Aktivitäten". Personen, die in "einem durch Suchtmittel oder Alkohol stark beeinträchtigten Zustand sind", werden weggewiesen. Über sie wird ebenfalls ein Platzverbot verhängt. Alkohol kann abgenommen werden.

Verhaltensregeln

Installiert wurde diese Hausordnung von der Prater GmbH. Auf die Frage, auf welchen Flächen die Hausordnung genau gelte, heißt es seitens des Unternehmens: "Der von der Prater Wien GmbH verwaltete Bereich des Wiener Wurstelpraters umfasst 260.000 Quadratmeter zuzüglich Kaiserwiese. Für diese Flächen gilt die Hausordnung." Die Kaiserwiese wird der GmbH von den Wiener Stadtgärten (MA 42) zur Nutzung überlassen.

Die Hausordnung sei "anlassbezogen" erstellt worden, sagt die Sprecherin der GmbH, Sonja Soukup, zum STANDARD. Man wolle so die Besucher darauf hinweisen, dass es sich "um ein Areal handelt, das zwar zu Spaß und Entspannung einlädt, dass es aber dabei auch Verhaltensregeln gibt, an die sich Besucher halten müssen". Auf die Nachfrage, was genau man unter "Herumlungern" verstehe, heißt es: "Herumlungern bedeutet laut Duden: sich untätig aufhalten, herumdrücken."

Private Sicherheitsfirma

Gültig ist die Hausordnung laut Aushang seit Ende Mai 2018 – etwa einen Monat nach der Einführung des Alkoholverbots am und rund um den Wiener Praterstern. Damit stehe die Hausordnung aber nicht in direktem Zusammenhang, betont Soukup – man habe schon lange daran gearbeitet. Eine private Sicherheitsfirma werde die Regeleinhaltung überwachen. Welche, verriet man dem STANDARD nicht. Es sei eine Firma, die "speziell für diese Anforderungen ausgebildetes Personal zur Verfügung stellen kann".

Darüber, wie streng das Thema Alkohol geregelt wird, gibt es offenbar noch Interpretationsspielraum: "Auf dem Areal des Wurstelpraters ist es nicht gestattet, Alkohol auf dem Gelände – außerhalb von Gastronomiebetrieben – zu konsumieren", heißt es seitens der Prater GmbH zum STANDARD. Darin sei auch die Kaiserwiese eingeschlossen, wurde auf Nachfrage betont.

Interpretationsspielraum

Aus dem Büro der Bezirksvorstehung heißt es allerdings, dass man nicht davon ausgehe, dass die Hausordnung ein striktes Alkoholverbot beinhalte. "Als Bezirksvorsteherin bin ich generell gegen Alkoholverbote im öffentlichen Raum", sagt Bezirksvorsteherin Uschi Lichtenegger. "Für marginalisierte Menschen braucht es Angebote von der Stadt Wien und keine Verbote."

Die Kaiserwiese ist als "Erholungsgebiet/Parkanlage" gewidmet. Sie ist laut Auskunft der MA 42 Teil des Grünen Praters und laut Bezirksvorstehung ein öffentlicher Raum, der für die gesamte Bevölkerung frei nutzbar sein soll. "Über eine öffentlich zugängliche Fläche kann nicht per Hausrecht verfügt werden", sagt Daniel Ennöckl, Professor am Institut für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Wien, zum STANDARD. Ein etwaiges Alkoholverbot müsste mit Verordnung angeordnet werden, meint der Experte. Und: "Ein Verbot des stillen Bettelns ist nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs ohnedies verfassungswidrig."

Trend zur Regulierung

Politisch verantwortlich für die Wiener Stadtgärten ist Ulli Sima (SPÖ). In ihrem Büro heißt es, eine Abstimmung zwischen Hausordnung und MA 42 sei nicht nötig gewesen, da die Kaiserwiese von der Prater GmbH verwaltet werde.

"Es gibt einen Trend in Wien, den öffentlichen Raum stärker zu regulieren", sagt die Soziologin Cornelia Dlabaja, die zu urbanem Raum forscht. In diesem Zusammenhang würden einerseits Verhaltensregeln wie etwa Hausordnungen eine Rolle spielen, andererseits die Umgestaltung von Plätzen. "Das kann durch physische Veränderungen wie die Entfernung von Stadtmöbeln wie zum Beispiel Parkbänken passieren, aber auch durch eine Kommerzialisierung des Platzes – wenn etwa Events den Raum so belegen, dass er nicht mehr für alle zugänglich ist", sagt Dlabaja. "Das kann man auf der Kaiserwiese genauso beobachten wie auf dem Rathausplatz."

Bestehende Verordnungen

Das Problem bei solchen Prozessen sei, dass es meistens vor allem marginalisierte Gruppen betreffe, meint Dlabaja: "Sie verlieren den öffentlichen Raum als Treffpunkt und Aufenthaltsort." In der Stadtforschung spreche man hier von einem "Warnsignal" – wenn bestimmte Personen nicht mehr sichtbar sein dürfen. Der Prozess im Prater sei kein Einzelphänomen: "Es geht darum, die Stadt aufzuhübschen. Das hat auch viel mit Tourismus und Stadtmarketing zu tun."

Ganz ungeregelt ginge es auf der Kaiserwiese auch ohne Hausordnung nicht zu: Neben dem Reinhaltegesetz und dem Tierhaltegesetz fällt die Kaiserwiese laut Auskunft der MA 42 auch unter die Grünanlagenverordnung. Dort wird etwa geregelt, dass die Benützung so zu erfolgen habe, "dass andere Besucher und Besucherinnen nicht gefährdet oder unzumutbar belästigt" werden. (Vanessa Gaigg, 4.1.2019)