Von Fritz Wotrubas goldpatinierten Bronze "Kleine kauernde Figur" (1961) wurden drei "Epreuve d’Artiste" gegossen. Dieses Exemplar mit der Nummer "II/III" gehört dem Anton-Hanak-Museum in Langenzersdorf. Anfang 2018 tauchte es im Nachlass eines ehemaligen Museumsleiters auf.

Foto: Scan, Dorotheums-Katalog

Eine in der Sparte "Klassische Moderne" im Dorotheum angebotene Skulptur von Fritz Wotruba buhlte in den vergangenen Wochen vergeblich um die Gunst potenzieller Interessenten: Lot Nummer 174 wurde vor der Auktion am Mittwoch kurzfristig zurückgezogen. Dem STANDARD vorliegenden Informationen zufolge bedürfen die Eigentumsverhältnisse wohl einer Klärung.

Es geht um die goldpatinierte Bronze Kleine kauernde Figur (1961), gegossen von Alfred Zöttl, signiert "Wotruba" und als zweiter von insgesamt drei "Epreuve d'Artiste" (EA) ausgewiesen. Dem Einbringer hatten die Experten des Auktionshauses im Vorfeld zwischen 18.000 und 32.000 Euro in Aussicht gestellt.

Einbringer: ein Wiener Kunsthändler

Gemäß den Provenienzangaben im Auktionskatalog komme die Bronze aus einer Wiener Privatsammlung. Konkret aus jener des Kunsthändlers Roland Widder, der diese Skulptur Anfang des Jahres aus dem Nachlass Erich Gusel erwarb, bestätigt Widders Anwalt.

Dem 2002 im Erker-Verlag (St. Gallen) publizierten Werkverzeichnis (Otto Breicha, Hg. Jürg Janett) zufolge wurde das Modell mit der Nummer 242 insgesamt zehnmal gegossen, davon wurden sieben Abgüsse (teils schwarzbraun patiniert, u. a. Guss Pöll) arabisch nummeriert und drei EA mit römischen Ziffern gekennzeichnet. Der Eintrag listet weiters Exemplare in institutionellen Sammlungen: im vormaligen Fritz-Wotruba-Verein (nunmehr Fritz-Wotruba-Privatstiftung), im Tiroler Landesmuseum (Ferdinandeum, Innsbruck), im Kunsthaus Zug (Slg. Zuger Kunstgesellschaft) – und im Anton-Hanak-Museum in Langenzersdorf.

Vor 2004 gegen Gipskopie getauscht

Allein, der Guss der Kleinen kauernden Figur ist im Museum am Fuße des Bisambergs nicht mehr auffindbar. Das bestätigt Helmuth Schwarzjirg, Obmann des Museumsvereins Langenzersdorf, auf Anfrage. Stattdessen hält man einen goldbemalten Gipsabguss im Bestand, auf dem – wie bei dem im Dorotheum angebotenen Bronzeguss – die EA-Nummernfolge "II/III" vermerkt wurde.

Wurde der Guss demnach irgendwann gegen eine Gipskopie getauscht? Möglich, aber noch Gegenstand von Recherchen im Museum, das sich als Eigentümer der Bronze sieht. Zeitlich könnte ein etwaiger Austausch wohl nach der Publikation des Werkverzeichnisses 2002 und spätestens 2004 erfolgt sein, bevor das Museum einen neuen Leiter bekam.

1982 vom Hanak-Museum angekauft

Bis dahin stand dort Erich Gusel an der Spitze, der vor seiner Pensionierung in der Industrie als Betriebsingenieur und als Lehrer an der HTL Schellinggasse tätig war und sich in seiner Freizeit Jahrzehnte für das Museum in seiner Wohngemeinde engagierte: ein Ehrenbürger von Langenzersdorf (Träger "Goldener Ehrenring"), der am 24. Dezember 2017 verstarb. Gerüchteweise soll sein Abgang aus dem Museum nicht friktionsfrei verlaufen sein. Ob sich in dessen Nachlass noch Unterlagen befinden, die Aufschluss geben könnten, ist unbekannt. Roland Widder ist um eine Klärung bemüht. Er ersuchte das Museum in Langenzersdorf um einen Nachweis für den Eigentumsanspruch. Den lieferte die Wotruba-Privatstiftung kurz vor Redaktionsschluss: Die Bronze war ursprünglich eine Leihgabe von Wotrubas Witwe und wurde schließlich 1982 vom Hanak-Museum angekauft. (Olga Kronsteiner, 1.12.2018)