Lech – Der frühere "Bild"-Chefredakteur und -Herausgeber Kai Dieckmann sieht in den Medienattacken von US-Präsident Donald Trump eine bewusste Inszenierung. "Trump ist auf die klassischen Medien nicht mehr angewiesen." Twitter biete ihm eine Infrastruktur, mit der er ein Massenpublikum und zugleich ein Nischenpublikum erreichen kann, erklärte Dieckmann beim Europäischen Mediengipfel in Lech am Arlberg.

"Die Auseinandersetzungen mit Journalisten und Medien-Brands sind gewollte Inszenierungen. Sie nutzen beiden Seiten." Trump profitiere davon ebenso wie die von ihm attackierten Medien. Rechte Politiker gingen heutzutage mit den Möglichkeiten sozialer Netzwerke wie Facebook, Twitter oder Instagram generell recht professionell um.

"Kreativer als Link"

Die AfD habe in Deutschland auf Facebook etwa mehr Follower als CDU und SPD zusammen, und sie setze für die Kommunikation über die neuen Medienkanäle auch wesentlich mehr Mitarbeiter ein als etwa die SPD. "Rechtspopulistische Parteien sind im Umgang mit Social Media kreativer, als das auf der linken Seite der Fall ist", meinte Dieckmann im Gespräch mit "Falter"-Chefredakteur Florian Klenk.

Zugleich funktioniere Kommunikation über Social Media immer erfolgreicher. Die jüngeren Generationen können man inzwischen fast nur mehr über Social Media erreichen. Guten, relevanten und unabhängigen Journalismus sieht Dieckmann mehr gebraucht denn je. Die Ausspieloberfläche werde dabei aber zunehmend irrelevant. "Papier wird immer in irgendeiner Weise überleben. Es gibt ja heute auch noch Pferde, und die Leute reiten damit, aber halt nicht ins Büro. Auch die Schallplatte hat ihre Nische." Letztlich wisse man auch noch nicht, die nächste Generation an Tablets und Geräten aussehen werde.

Gute Aussichten prognostiziert der frühere "Bild"-Herausgeber lokalem Journalismus. "Ich glaube, dass Lokaljournalismus auch in Zukunft große Chance und Berechtigung hat. Das was um mich herum passiert, kann kein Algorithmus substituieren." Und die Medien müssten sich ganz generell in neue Geschäftsfelder bewegen, um guten Journalismus weiter finanzieren zu können. In den vergangenen Jahrzehnten hätten sie mit dem Drucken von Nachrichten auf Papier "alle dumm und dämlich verdient". In Sachen Geschäftsmodell brauche es nun aber neue digitale Zugänge. (APA, 30.11.2018)