Bernhard Hachleitner, Matthias Marschik, Rudolf Müllner, Johann Skocek, "Ein Fußballverein aus Wien. Der FK Austria im Nationalsozialismus 1938- 1945". € 30,- / 311 Seiten. Böhlau-Verlag

Cover: Böhlau-Verlag

Nein, die Wiener Austria war kein besonderes Opfer des Nationalsozialismus. Nachweise einer beabsichtigten Ungleichbehandlung des Vereins oder seiner Spieler durch die Behörden ließen sich nicht finden. So lautet das Fazit der Autoren Bernhard Hachleitner, Matthias Marschik, Rudolf Müllner und Johann Skocek nach zweieinhalb Jahren Arbeit. Das Quartett wühlte sich im Rahmen der wissenschaftlichen Aufarbeitung durch sämtliche Archive. Nun liegt auf 311 Seiten unter dem Titel Ein Fußballverein aus Wien. Der FK Austria im Nationalsozialismus 1938-1945 das Ergebnis vor. Dabei wird mit so manchem Mythos aufgeräumt.

Mythos 1: Zur Anfangsphase des Krieges wurden mehr Austrianer als Spieler anderer Klubs zur Wehrmacht eingezogen. Richtig oder falsch? Richtig. Allerdings lässt sich dies mit jahrgangsspezifischen Logiken der Heeresrekrutierung erklären.

Mythos 2: Vereinsikone Matthias Sindelar hat sich aus politischer Überzeugung geweigert, für die deutsche Nationalmannschaft zu spielen. Richtig oder falsch? Falsch. "Dafür gibt es keine Belege", sagt Hachleitner. Nur vor dem Match einer "Ostmark"-Auswahl habe Sindelar behauptet, er sei müde. Dies sei angesichts des dichten Spielplans und des bereits hohen Fußballeralters des Filigrantechnikers nachvollziehbar.

Gewiss kein Mythos: Im März 1938 war der Vorstand der Austria durchwegs mit jüdischen Bürgern besetzt. Sie wurden nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten abgesetzt und vertrieben. Manager Robert Lang und Schriftführer Heinrich Bauer wurden Opfer des Holocaust. Präsident Emanuel Schwarz konnte nach Frankreich flüchten.

Dass sich die Austria in den vergangenen Jahren mit rechtsextremen Fans plagen musste, ist Vorstand Markus Kraetschmer ein Dorn im Auge: "Mit dem Buch stellen wir ein weiteres Mal klar, dass diese Leute bei uns nicht willkommen sind." (Philip Bauer; 30.11.2018)