Motorräder für alle möglichen Einsatzgebiete haben den Namen KTM weit über Europas Grenzen hinausgetragen. Nun will das Unternehmen auch bei Elektroantrieben an die Spitze – mit EU-Hilfe.

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Die Industrie in Österreich, aber auch viele kleine und mittelgroße Betriebe mit zum Teil starker Ausrichtung auf den deutschen Markt waren zuletzt Treiber des Konjunkturaufschwungs. Angesichts der disruptiven Kraft, die von der Digitalisierung ausgeht, könnte es bei Verschlafen von Trends wie künstlicher Intelligenz, Elektromobilität und Innovationen in vielen Bereichen ein böses Erwachen geben.

Die Europäische Investitionsbank (EIB), seit Jahrzehnten das strategische Finanzierungsvehikel der EU, nimmt diese immer lauter werdenden Rufe ernst. Mit Geld und Beratung will die in Luxemburg ansässige Institution in den Transformationsprozess steuernd eingreifen – bei vorhandenem Interesse auch in Österreich.

Leichte Elektromotorräder

Ein Unternehmen, das zuletzt aufgezeigt hat, ist KTM. Der Zweiradspezialist aus Mattighofen (OÖ) will bis 2023 eine halbe Milliarde Euro in die Entwicklung leichter Elektromotorräder investieren. Dafür haben die Innviertler vor wenigen Wochen ein günstiges Darlehen über 120 Millionen Euro von der EIB erhalten, garantiert vom Europäischen Fonds für strategische Investitionen (Efsi).

Einige Monate vorher, im Jänner, hat sich der Grazer Motorenentwickler AVL List auf ähnliche Weise 70 Millionen Euro gesichert. Damit soll die Forschung im Bereich Antriebsstrang vorangebracht werden.

Indirekt profitiert auch das Siemens-Werk in Wien-Simmering von den Luxemburger Geldgebern. Die EIB hat mit der ÖBB Personenverkehrs AG Ende des Vorjahres ein Darlehen über 500 Millionen Euro zur Anschaffung rollenden Materials vereinbart – die größte Einzeltransaktion im Rahmen dieses Pakets bisher. Die von der Bahn bei Siemens in Auftrag gegebenen Schnellbahngarnituren werden im Werk Krefeld in Deutschland vorgefertigt und im Werk Simmering endgefertigt. Doch warum EU-Geld?

Europäische Ziele

"Grundsätzlich gibt die EIB maximal bis zu 50 Prozent des Investitionsvolumens; im Schnitt aller Projekte sind es 30/30/30, also 30 Prozent EIB, 30 Prozent anderes Fremdkapital und 30 Prozent Eigenkapital", erklärt der frühere EIB-Vizepräsident Wilhelm Molterer. Er ist geschäftsführender Direktor des Efsi – vulgo Juncker-Plan. Man unterstütze Projekte, die für die Befolgung der europäischen Ziele wichtig seien, bei denen normale Geschäftsbanken in der Regel aber wegen des höheren Risikos kalte Füße bekämen.

Bei der ÖBB sei es so gewesen, dass diese die Beschaffung moderner Züge zum künftigen Einsatz auf Nebenbahnen in einem Aufwasch stemmen musste, den Banken der Brocken aber zu groß war. "Dadurch dass die EIB mit einem Teil des Tickets hineingegangen ist, war das für die österreichischen Geschäftsbanken leichter verdaulich", sagt Molterer.

Beispiel KTM: Dort fließe das Geld in ein intensives Forschungs- und Entwicklungsprogramm für E-Mobilität im Bereich Zweiräder. "Da will KTM Marktführer sein, das erfordert in sehr kurzer Zeit eine intensive Entwicklungstätigkeit, weil rundum die Post abgeht", sagt Molterer, der vor seiner Luxemburger Zeit u. a. Finanzminister, VP-Obmann und Vizekanzler (unter Ex-SP-Chef Alfred Gusenbauer) in Österreich war.

Lange Laufzeit

Der Zinsvorteil durch eine EIB-Finanzierung falle zur Zeit weniger ins Gewicht, weil die Zinslandschaft insgesamt "fast bretteleben" sei; der Vorteil sei vielmehr "die relativ lange Laufzeit von Finanzierungen" – bei Infrastrukturprojekten bis zu 47 Jahre. Zweitens "ein höheres Risikoprofil als eine Geschäftsbank das üblicherweise nehmen darf". Das aber auch nur, weil Efsi als Garant dahintersteht. In Österreich wurden auf diese Weise bisher 19 Projekte unterstützt.

Der Plan für eine Investitionsoffensive geht auf Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und das Jahr 2016 zurück. Mit vergleichsweise geringem Mitteleinsatz sollte eine Lawine an strategisch wichtigen Investitionen ausgelöst werden. Das Programm, das ursprünglich heuer auslaufen sollte, wurde bis 2020 verlängert. Digitalisierung, künstliche Intelligenz und Klimaschutz stehen dabei hoch im Kurs. (Günther Strobl aus Luxemburg, 2.12.2018)