Bild nicht mehr verfügbar.

Putin beim G-20-Gipfel in Buenos Aires: Dass Donald Trump ihn doch nicht treffen wolle, kritisierte der russische Präsident.

Foto: Reuters/MARCOS BRINDICCI

Buenos Aires/Kiew – Der russische Präsident Wladimir Putin hat auf offener weltpolitischer Bühne den Nachbarn Ukraine der Kriegstreiberei bezichtigt. "Die jetzige Führung der Ukraine ist nicht an einer Lösung der Situation interessiert, schon gar nicht mit friedlichen Mitteln", sagte Putin am Samstag zum Schluss des G-20-Gipfels in Buenos Aires vor Journalisten.

Das zeige sich an den Kämpfen in der Ostukraine wie bei dem jüngsten Zwischenfall auf dem Schwarzen Meer, den Putin eine ukrainische Provokation nannte. "Das ist eine Partei des Krieges, und solange sie an der Macht ist, werden Tragödien dieser Art und der Krieg andauern", sagte der Staatschef über die ukrainische Führung um den an EU und Nato orientierten Präsidenten Petro Poroschenko. Ständig mache Kiew die angebliche russische Aggression für eigene Misserfolge verantwortlich.

Keine Verhandlungen, aber auch keine Vergeltung

Die russische Küstenwache hatte am vergangenen Wochenende drei Marineboote der Ukraine gewaltsam aufgebracht und deren Besatzungen festgenommen. Die Ukrainer wollten an der von Russland annektierten Halbinsel Krim vorbei durch die Meerenge von Kertsch in das Asowsche Meer fahren, das von Russland zunehmend abgeriegelt wird. Die Regierung in Moskau wirft den 24 Seeleuten vor, illegal die russische Grenze überschritten zu haben. Die Ukraine reagierte darauf mit einem Einreiseverbot für russische Männer im kampffähigen Alter zwischen 16 und 60 Jahren.

Russland verhandelt nach Angaben Putin nicht mit der Ukraine über die Freilassung der mit ihren Schiffen festgesetzten Seeleute. Am Rande des G-20-Gipfels sagte der russische Präsident aber außerdem, sein Land werde nicht mit Vergeltung auf die jüngsten Einreiseverbote für Russen in die Ukraine reagieren.

Kritik an Trump

Für die Absage eines bilateralen Treffens am Rande des Gipfels kritisierte Putin den US-Präsidenten Donald Trump. Seiner Meinung nach sei ein Gespräch "wirklich notwendig", sagte Putin am Samstag in der argentinischen Hauptstadt. Es sei bedauerlich, dass es dazu nicht gekommen sei.

"Ich hoffe, dass wir uns treffen können, wenn die amerikanische Seite dazu bereit ist", fügte Putin hinzu. Wegen der Rolle Moskaus bei der jüngsten Eskalation in dem Konflikt zwischen Russland und der Ukraine hatte Trump ein in Buenos Aires geplantes Treffen mit Putin kurz vor Beginn des Gipfels abgesagt.

Am Freitag fand allerdings ein kurzes, informelles Gespräch während des gemeinsamen Abendessens zwischen den beiden Staatschefs statt. Das bestätigten Vertreter beider Seiten am Samstag.

Bemühungen von Merkel

Andere westliche Politiker bemühten sich auf dem Gipfel, in dieser neuen Wendung des seit fünf Jahren andauernden Konflikts zwischen Russland und der Ukraine zu deeskalieren. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel schlug Putin einen Vermittlungsversuch vor: Ein Treffen auf Beraterebene im sogenannten Normandie-Format, dem Deutschland, Frankreich, Russland und die Ukraine angehören. "Das ist auch zustimmend zur Kenntnis genommen worden", sagte die Kanzlerin. Kiew sei dazu bereit, sagte Poroschenko am Sonntag dem Sender France 24.

Merkel betonte, der freie Schiffsverkehr durch das Asowsche Meer müsse erhalten bleiben. Dazu gebe es eine russisch-ukrainische Vereinbarung von 2003. "Diese Grundlage muss Russland einhalten." Putins Sprecher Dmitri Peskow sagte: "Merkel hat ihren Wunsch geäußert, zu einer Lösung dieser Situation beizutragen." Das Wort Vermittlung sei nicht gefallen "und hätte auch nicht gepasst". Schließlich gehe es um eine Verletzung der russischen Grenze.

Kriegsrecht in Ukraine

Wegen der angeblich gestiegenen Bedrohung hat Poroschenko für 30 Tage das Kriegsrecht eingeführt. Die Sondervollmachten gelten in den Grenzgebieten zu Russland. Die Maßnahme bleibe aber bis zum 26. Dezember beschränkt, versprach der Staatschef bei einem Treffen mit Militärs. Das Verteidigungsministerium will von Montag an Reservisten zu Übungen einberufen. Sie sollten zehn Tage, in den Stäben auch 20 Tage dauern, teilte das Ministerium mit.

Kritiker sehen für das Kriegsrecht eher innenpolitische Gründe: Poroschenko wolle seine schwache Position vor der Präsidentenwahl im März 2019 stärken. Darauf hob auch Putin bei seinem Auftritt ab: "Das Kriegsrecht ist in genau den zehn Gebieten eingeführt worden, in denen der amtierende Präsident die geringste Unterstützung hat."

Die Diskussion um eine angemessene Antwort auf die neue Eskalation ging auch in Deutschland weiter. Poroschenko hatte gefordert, dass Deutschland und andere Nato-Partner mit Marineschiffen Präsenz im Schwarzen Meer zeigen. Berlin hat das abgelehnt, die Nato reagierte ausweichend. Der ehemalige deutsche Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) kritisierte Poroschenko. Deutschland dürfe sich "nicht in einen Krieg gegen Russland hineinziehen lassen", sagte dem "Tagesspiegel". (APA, Reuters, red, 2.12.2018)