Die Geoblocking-Verordnung soll Online-Bestellungen aus dem EU-Ausland und Preisvergleiche für Konsumenten erleichtern.

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Black Friday und Cyber Monday liegen hinter uns, der Höhepunkt des Weihnachtsgeschäfts steht kurz bevor – mitten in diese für Händler umsatzstärkste Zeit fällt der Geltungsbeginn der Geoblocking-Verordnung (VO (EU) 2018/302): Seit heute, Montag, sind bestimmte Formen bisher im Online-Handel üblicher Diskriminierungen, die auf Staatsangehörigkeit, Wohnsitz oder Niederlassungsort der Kunden beruhen, verboten.

Kunden in der EU sollen in der Lage sein, in jedem Mitgliedstaat unter denselben Bedingungen einzukaufen wie Einheimische ("shop like a local"). Dies soll nicht nur den Zugang zu Online-Anbietern im EU-Ausland verbessern, sondern – gerade bei Vorhandensein mehrerer länderspezifischer Präsenzen desselben Anbieters – den Kunden einen Preisvergleich und die Bestellung zum besten Preis ermöglichen.

Betroffen sind in der EU tätige Anbieter von Webshops und Apps ebenso wie stationäre Händler mit Internetauftritt. Ausgenommen sind Bereiche wie Finanz-, Verkehrs- und Gesundheitsdienstleistungen, Glücksspiel sowie Download und Streaming von Filmen.

Diskriminierungsverbot

Die Verordnung richtet sich vor allem gegen technische Voreinstellungen, die Kunden aus einem Mitgliedstaat den Zugang zu Webseiten verweigern, die der Anbieter primär für Kunden in einem anderen Staat eingerichtet hat ("Verbot von Zugangsbeschränkungen"). Daneben bekämpft die Verordnung auch die Praxis, Kunden zwar im Angebot stöbern zu lassen, ihnen jedoch Bestellungen zu verweigern, weil sie im "falschen" Mitgliedsstaat ansässig sind ("Diskriminierungsverbot").

Anbietern ist es daher ab sofort untersagt, den Zugang zu ihren Webseiten bzw. Apps aufgrund einer ausländischen IP-Adresse des Kunden oder anderer auf Staatsangehörigkeit bzw. Wohnort abstellender Parameter zu sperren oder zu beschränken. Auch eine automatische Umleitung des Kunden auf eine länderspezifische Seite ohne dessen vorherige Zustimmung ist unzulässig. Geschieht dies aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung dennoch, müssen Kunden ausdrücklich darauf hingewiesen werden.

Lieferung verweigern

Eine Bestellung darf ein Händler nicht verweigern, die Lieferung in einen bestimmten Mitgliedstaat allerdings schon. Wenngleich also ein deutscher Anbieter seine Produkte generell nur in Deutschland ausliefert, muss er die Bestellung aus Österreich annehmen. Der österreichische Kunde hat aber nur Anspruch auf eine Lieferung an eine Adresse in Deutschland.

Der Anbieter ist auch nicht verpflichtet, eine Bestellung in einer Fremdsprache zu ermöglichen bzw. eine Übersetzung der AGB zur Verfügung zu stellen. Ebenso muss der Anbieter nicht überprüfen, ob die Ware den gesetzlichen Anforderungen im Bestellerland entspricht, etwa hinsichtlich Kennzeichnung, Altersbegrenzung oder Sicherheit. Jedoch müssen alle akzeptierten Zahlungsmethoden auch ausländischen Kunden offenstehen.

Dieses Diskriminierungsverbot gilt nicht nur für den Kauf von Waren, sondern auch für elektronisch erbrachte Dienstleistungen – insbesondere Clouddienste und Webhosting, nicht jedoch für urheberrechtlich geschützte Werke wie E-Books, Online-Videospiele, Musikstreaming und Software – sowie Dienstleistungen, die am Standort des Anbieters erbracht werden, etwa die Buchung von Hotelzimmern oder Mietautos.

Ungeachtet dessen dürfen Anbieter weiterhin länderspezifische Seiten mit unterschiedlichen Bedingungen, Preisen und Aktionen betreiben, wenn alle Kunden aus der EU auf jede dieser Seiten zugreifen und zu den dortigen Bedingungen und Preisen bestellen können.

Welche Vorschriften gelten

Die von der Verordnung bekämpfte "Grenzziehung" im Internet geht vor allem auf die Sorge der Anbieter zurück, sich bei Geschäften mit Konsumenten aus anderen Mitgliedstaaten deren nationalen Verbraucherschutzvorschriften auszuliefern. Die Verordnung stellt insoweit klar, dass ihre Beachtung (noch) nicht zur Anwendung des nationalen Verbraucherrechts des Kunden führt.

Diese Einschränkung beruht auch auf der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs im Fall VKI/Amazon (C-191/15 vom 28.6.2016). Demnach gilt: Sobald ein Online-Shop Waren oder Dienstleistungen in einer anderen EU-Landessprache anbietet oder er Lieferungen in einen anderen Mitgliedstaat unterstützt, gelten für den Vertrag mit dem dortigen Kunden die zwingenden Verbraucherrechte dieses Staates; eine abweichende Rechtswahlklausel ist unwirksam. Umso mehr müssen sich Anbieter daher nun Gedanken darüber machen, ob die Ausrichtung und Geschäftsbedingungen ihres Online-Shops zusammenpassen. Die Erfahrung zeigt, dass dieser Aspekt bisher kaum beachtet wurde.

Die Sanktionierung von Verstößen gegen die Geoblocking-Verordnung obliegt den einzelnen Mitgliedstaaten. In Österreich sieht der seit kurzem vorliegende Entwurf einer UWG-Novelle Geldstrafen von bis zu 2900 Euro vor, wobei für KMUs der Grundsatz "Beraten statt Strafen" gilt. Im EU-weiten Vergleich ist Österreich hier sehr zurückhaltend: In Deutschland drohen Geldstrafen von bis zu 300.000 Euro.

Österreichische Anbieter sollten die Verordnung dennoch nicht auf die leichte Schulter nehmen. Eine Diskriminierung wird häufig Kunden aus mehreren Mitgliedstaaten betreffen, deren Behörden Geldbußen nach der eigenen Rechtsordnung verhängen könnten. Zudem drohen auch Unterlassungsklagen nach dem UWG sowie ein erheblicher Imageverlust.(Andreas Zellhofer, Florian Sagmeister, 3.12.2018)