Brüssel/Wien – Als hätte es nicht schon ausreichend Widerstand gegen die von der EU-Kommission geplante Digitalsteuer gegeben, kommen nun neue Stolpersteine hinzu. Gegen die beabsichtigte Abgabe auf Onlinewerbung und Plattformen wie Airbnb macht jetzt auch Großbritannien mobil. Das Königreich will zwar die EU verlassen, doch angesichts der in Steuerfragen notwendigen Einstimmigkeit kann London einen Deal blockieren.

Großbritannien hat zwar selbst die Einführung einer Digitalsteuer angekündigt, doch die unterscheidet sich von den EU-Plänen. So beträgt sie zwei Prozent, jene der Union soll drei Prozent ausmachen. Zudem sind die Anwendungsbereiche anders, beispielsweise will London die Onlinewerbung von der Abgabe ausnehmen – die EU nicht. Da die Briten auch nach dem Brexit noch länger EU-Recht anwenden müssen, wollen sie jetzt keinen Regelungen zustimmen, die ihnen Schwierigkeiten bereiten werden, ist zu hören. "Die Briten könnten einen Erfolg der Digitalsteuer zunichtemachen", heißt es aus Ratskreisen. Österreich hat hier den Vorsitz, Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) am Dienstag die letzte Chance, eine Einigung unter seiner Präsidentschaft zu erzielen.

Starker Widerstand

Die wackelt aber keineswegs nur wegen der Briten. Auch Irland, Schweden und Dänemark sind gegen die "Google-Steuer", zahlreiche weitere Länder, darunter Deutschland, Finnland, Litauen, Luxemburg, Malta und die Niederlande, haben Zweifel und befürworten die Änderung nur bei internationalem Gleichklang. Löger hat auf die Widerstände schon reagiert und die Besteuerung der Nutzung von Userdaten aus dem Entwurf gestrichen. Doch auch diese Maßnahme brachte keinen Konsens über die Digitalsteuer. Löger bleibt dennoch optimistisch. "Mit einer konstruktiven Herangehensweise können wir als EU-Finanzminister am Dienstag einen großen Durchbruch in der Besteuerung der Wirtschaft erzielen", ließ er verbreiten.

Die EU-Kommission sorgt sich angesichts des drohenden Scheiterns um eine Zersplitterung der Besteuerung. Elf Länder – darunter auch Österreich – wollen die Abgabe notfalls im Alleingang einführen. Der EU droht damit ein ziemlicher Fleckerlteppich.

Elf Länder mit eigener Steuer

Derzeit hätten schon elf Länder Europas eine individuelle Lösung für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft entwickelt oder teils implementiert, sagte Löger am Montag im Ö1-"Morgenjournal" des ORF-Radios. Es gebe eine Vielzahl von Ländern mit einer eindeutig positiven Stimmung zu einer Digitalsteuer, betonte der Minister, angesprochen darauf, dass vor allem Irland, die Niederlande und Dänemark nicht so recht mitziehen wollten und auch Deutschland auf der Bremse stehe.

Bei den skeptischen Ländern sei "auf technischer Ebene alles berücksichtigt und ausgearbeitet", so Löger, "sodass auch da eine politische, positive Entscheidung möglich ist". Zu dem Thema ist Einstimmigkeit erforderlich.

Eigene Steuer für Österreich

Am Sonntag hatte der Finanzminister in einem "Presse"-Interview bekräftigt, dass Österreich "eine eigene Digitalsteuer" einführen werde, wenn die europäische Lösung am Dienstag nicht durchgehe. Man habe immer gesagt, dass eine auf die Internetfirmen bezogene Digitalsteuer eine notwendige Maßnahme für eine faire Besteuerung sei: "Wenn traditionelle Unternehmen rund 23 Prozent Steuer bezahlen, digitale Unternehmen nur acht bis neun Prozent und die großen internationalen Firmen sogar deutlich weniger – da geht es nicht nur um die Fairness, sondern auch um die langfristigen Einnahmen des Staats. Sonst können wir viele Leistungen bald nicht mehr finanzieren." (as, APA, 3.12.2018)