Die Plastiksackerl sind überall.

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Hätte die Wegwerfgesellschaft eine Flagge, es wäre das Plastiksackerl. Die ältesten Exemplare entstammen den 50er-Jahren, trägerlose Folienbeutel sollen es gewesen sein, die dem Transport von Erdäpfeln dienten. Ein Schwede will ihm mittels Patent zähe Henkel verpasst haben. Kaufhäuser und Supermärkte brachten es daraufhin im großen Stil unter die Menschheit.

Heute flattert es selbst in tiefsten Regenwäldern entlang von Flüssen in den Büschen. Es blockiert Schiffsschrauben in den Meeren, verstopft Abwasserkanäle in Städten, tötet jährlich Millionen Tiere und findet sich über die Nahrungskette zerkleinert im menschlichen Organismus wieder.

Nichts ist umsonst

Weit mehr als 500 Milliarden Plastiksackerln werden jedes Jahr weltweit produziert, ein Gutteil davon in China. Der Einsatz an Erdöl und Energie für sie ist hoch. Ihre genauen Inhaltsstoffe variieren, was sortenreines Recycling nahezu verunmöglicht. Dass sie vielfach gratis sind, ist reine Illusion. Bezahlt wird über Produktpreise und Entsorgungsgebühren.

Zehn Einkäufe sollte das hauchdünne Fabrikat aus Polyethylen überdauern. Tatsächlich verliert es für Konsumenten im Schnitt bereits nach 25 Minuten seinen Nutzen und erhält bestenfalls als Regenschutz oder Mistsackerl ein kurzes zweites Leben. Wiederverwertet werden nur zwei Prozent der Tragtaschen. Ein Teil landet im Müll, wobei der Wirkungsgrad bei der Verbrennung gering ist. Der Rest verteilt sich in Ländern mit lückenhafter Abfalltrennung quer über Land und Wasser – und ist dort ein unrühmlicher, doch langlebiger, stetig verblassender Werbeträger für den Handel. Plastiksackerln halten in freier Natur in der Regel bis zu 500 Jahre.

Natürlicher Feind

Natürliche Feinde fanden sich bisher lediglich in einem kleinen Wurm. Die Raupen der Wachsmotte zeigen Appetit auf das synthetische Polymer. Doch ob sich diese je durch die Tonnen an Plastikmüll fressen werden, ist Zukunftsmusik.

Rund 50 Sackerln sind es, die jeder Österreicher im Schnitt im Jahr vor die Zerreißprobe stellt. Der Verbrauch ist gesunken, dennoch sorgen sie hierzulande immer noch für bis zu 7000 Tonnen Müll im Jahr, 100 Kilo landen täglich in der Donau. Mehr als ein Drittel der Kunststoffabfälle geht auf Verpackungsmaterial zurück.

Wobei Alternativen nicht fehlen: Stofftaschen geben ebenso Halt wie Trolleys und Körbe. Ein leichteres Pendant sind Papier, Säcke aus Zuckerrübe, Mais- und Kartoffelstärke. Im Wettlauf um Ressourcen ist allerdings auch deren Image angekratzt. (Verena Kainrath, 2.12.2018)