Man stelle sich die Situation vor. Ein Ehepaar mit Kindern will in einem Ressort des steirischen Thermenlandes ein paar geruhsame Tage verbringen. Beim Check-In bitte man sie – inklusive der Kleinen – diskret aber bestimmt um eine Blutabnahme. Weil: Bei einem positivem HIV-Testergebnis gebe es nämlich keinen Einlass. Wir malen uns die Folgen aus: Ein Shitstorm, der über das steirische Hügelland fegt, Klagen bis nach Straßburg, Schande für das Land und das zu Recht.

HIV-Test für Kinder, die älter als zwei Jahre sind

Wer indes im indischen Pune im "Shrine" des Gurus Osho eincheckt, hat sich vor Ort und vor dem Einlass in das mittlerweile stylishe Osho International Meditations Center einem HIV-Test zu unterziehen. Das gilt auch für Kinder. Die Webseite des Osho-Zentrums ist recht eindeutig: "Auch muss jedes Kind, das älter als 2 Jahre ist, bei der Ankunft einen AIDS Test machen. Kinder unter 2 Jahren müssen in Begleitung beider Elternteile sein, die beide negativ getestet sind." Erst seit kurzem soll beim Check-In nicht mehr auf den Zwangstest bestanden werden. Mittlerweile erkennt auch der indische Gesetzgeber den diskriminierenden Charakter der Osho-Regel. Auf der Webseite der Guru-Pilgerstätte ist die rigide Auflage nach wie vor präsent. Wer bitte will dort Urlaub machen? 

Ein All-Inclusive-Club für Meditation, Yoga und Chakra-Breathing

Der ehemalige Pilgerort einer Love-and Peace-Generation südöstlich von Mumbai hat sich mittlerweile zu einem Art All-Inclusive-Ressort für Meditation, Yoga und Chakra-Breathing verwandelt, mit einem für Indien absurd hohen Preisniveau und fast hermetischer Abriegelung vom Land, in dem man sich befindet. Unter anderem soll man sich aus hygienischen Gründen nicht mit indischem Bargeld die Hygiene-verwöhnten Finger schmutzig machen. Das eher gut bestallte Publikum räsoniert auf Hotel-Bewertungsplattformen darüber, dass die Klimaanlagen einwandfrei funktionieren, dass die Klos so sauber sind wie in der ersten Welt und dafür irgendwie alles nicht mehr so urig und authentisch ist wie damals.

OSHO International

In die Arme eines Meditations-Pinochets

In den 70er- und 80er-Jahren war Osho der Guru schlechthin einer friedensbewegten und sinnsuchenden Nachkriegsgeneration, die Erleuchtung, Liebe und Harmonie suchte und einen bizarren Meditations-Pinochet fand. Dem verfiel man, obwohl (oder weil?) der aus der Geringschätzung seiner Jünger und Anhänger nicht einmal ein Hehl machte, Prunksucht zelebrierte und sich Unterwerfung im wahrsten Sinne des Wortes vortanzen ließ. Das Experiment der Bhagwan-Community in den USA endete in einem Kriminalfall und wird anschaulich in der Netflix-Doku "Wild Wild Country" porträtiert. 

Osho und seine Karma-Karosse.
Foto: Netflix

Dem Blogger ist klar, dass man mit ein paar Zeilen in einer Adventkalenderbotschaft ein Phänomen wie Baghwan nicht umfassend analysieren kann. Vielleicht können wir uns auf einen Satz einigen: Wer als Guru 90 Rolls-Royce sammelt, hat seine Karmapunkte spätestens beim ersten Mal Volltanken verspielt. (Christian Kreil, 4.12.2018)  

Leuchtende Augen-Faktor: ★★★★☆

Umtauschgefahr-Faktor: ★☆☆☆☆

Den Beschenkten verärgern-Faktor: ★★★☆☆

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