Auch am Montag fanden wieder Gelbwesten-Proteste gegen die Erhöhung der Benzinsteuer statt, unter anderem in Südfrankreich. Die Regierung geht nun auf die Demonstranten zu.

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Premier Edouard Philippe verkündete am Dienstag die Aussetzung der umstrittenen Steuererhöhung.

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Paris – Frankreichs Regierung will die für 2019 geplante Erhöhung der Ökosteuer auf Diesel und Benzin um mehrere Monate verschieben. Die Steuer werde in den nächsten sechs Monaten nicht angehoben, sagte Ministerpräsident Edouard Philippe am Dienstag. Auch die Preise für Gas und Strom werden bis zum 1. März nicht angehoben.

Keine Steuer rechtfertige es, die Einheit der Nation zu gefährden, sagte Philippe in einer Fernsehansprache. Nach den teils gewaltsamen Protesten der Gelbwesten gegen die Steuererhöhung geht die Regierung damit auf die Demonstranten zu. Zugleich verlangte Philippe, dass die Gewalt aufhören müsse.

Weitere Forderungen

Ein Aktivist bezeichnete die Maßnahmen als nicht ausreichend und kündigte eine Fortsetzung der Proteste an. Nötig seien breite Steuersenkungen sowie die Erhöhung von Löhnen und Pensionen, um den Franzosen wieder ein würdiges Leben zu ermöglichen, sagte Jean-Francois Barnaba dem Sender France Inter. Eine allgemeine Steuersenkung schloss Philippe allerdings aus.

Auch Teile der Opposition wiesen den Vorstoß der Regierung zurück. Von den Republikanern hieß es, das Aufschieben der Ökosteuer sei "völlig unzureichend". Die Konservativen fordern ein Referendum als Antwort auf die Proteste, die Rechtspopulisten und die Linkspartei La France insoumise (Das unbeugsame Frankreich) eine Auflösung der Nationalversammlung und Neuwahlen.

Die Erhöhung der Ökosteuer war mit dem Klimaschutz begründet worden und sollte laut Regierung die Abkehr von fossilen Brennstoffen beschleunigen.

Gespräch aus "Sicherheitsgründen" abgesagt

Die Regierung hatte sich bereits zuvor um eine Entspannung bemüht. Nach einem Krisentreffen von Präsident Emmanuel Macron, Premier Philippe und mehreren Ministern im Elysée-Palast verlautete am Montagabend aus Philippes Umfeld, dass der Regierungschef rasch Maßnahmen verkünden wolle. Damit solle ermöglicht werden, dass eine geplante dreimonatige Gesprächsphase mit der Protestbewegung geregelt ablaufen könne.

Für Dienstag war eigentlich ein Treffen Philippes mit Vertretern der Protestbewegung geplant. Diese sagten das Gespräch am Montagabend jedoch kurzfristig ab. Zwei von ihnen gaben Sicherheitsgründe dafür an. Sie seien von Hardlinern bedroht worden, weil sie mit Regierungsvertretern sprechen wollten.

Gewaltsame Ausschreitungen

Die Proteste gegen hohe Kraftstoffpreise, Steuern und Lebenshaltungskosten halten schon seit zweieinhalb Wochen an. Am Wochenende hatten sich Demonstranten in Paris Straßenschlachten mit der Polizei geliefert, bei denen rund 260 Menschen verletzt wurden. Beobachter sprachen von bürgerkriegsähnlichen Szenen. Schaufensterscheiben gingen zu Bruch, Autos brannten. Das Büro von Bürgermeisterin Anne Hidalgo geht inzwischen von Schäden in Höhe von bis zu vier Millionen Euro aus. Am Montag wurden zwei Demonstranten wegen Ausschreitungen in Puy-en-Velay zu mehrmonatigen Haftstrafen verurteilt.

DER STANDARD

Macrons Beliebtheit im Keller

Die Popularitätswerte Macrons und Philippes sind auf einen neuen Tiefstand gefallen, geht aus einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ifop-Fiducial für das Magazin "Paris Match" und den Sender Sud Radio hervor. Die Zustimmung für Macron sank demnach im Vergleich zum Vormonat um sechs Punkte auf 23 Prozent, Philippe verlor zehn Punkte auf 26 Prozent. (red, APA, Reuters, 4.12.2018)