Die Einkaufsstraßen in Deutschland glänzen in diesen Wochen im Weihnachtsschmuck. Üppig dekorierte Weihnachtsmärkte und Lichterketten sorgen für eine wohlige Einkaufsatmosphäre. Doch hinter den Kulissen ist die Stimmung oft alles andere als festlich. Gerade kleinere Geschäfte fürchten, durch den Siegeszug des Onlinehandels im wichtigen Jahresendspurt unter die Räder zu kommen.

Eigentlich ist die Konsumlaune in Deutschland fantastisch. Der Einzelhandel rechnet heuer zum Fest der Liebe erstmals mit Rekordumsätzen von mehr als 100 Milliarden Euro. Das Problem: Längst nicht alle Händler werden davon profitieren. Was die Deutschen heuer zusätzlich ausgeben, landet vor allem in den Kassen von Onlineshops. Die Umsätze im Onlinehandel werden im November und Dezember nach Schätzungen des Handelsverbandes Deutschland um knapp zehn Prozent auf über 13 Mrd. Euro wachsen, die Umsätze im stationären Geschäft gerade einmal um ein Prozent auf knapp 87 Mrd. Euro. Abzüglich der Inflation würde dies für den stationären Handel sogar einen leichten Umsatzrückgang bedeuten.

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"Die großen Online-Anbieter bauen ihre Marktmacht kontinuierlich aus und können sich ein immer größeres Stück vom Kuchen sichern – zulasten des stationären Handels, der sich in Summe auf ein leicht rückläufiges Geschäft mit Weihnachtsgeschenken einstellen muss", beschrieb kürzlich EY-Handelsexperte Thomas Harms die Situation. Bereits gut jeder fünfte Verbraucher kauft nach einer EY-Umfrage seine Weihnachtsgeschenke lieber online. Vor einem Jahr war dieser Anteil nur halb so hoch.

Punkten kann der Online-Handel der Umfrage zufolge nicht nur mit der Verfügbarkeit rund um die Uhr, der großen Auswahl und der Möglichkeit, die überfüllten Innenstädte zu meiden. Zusätzlich profitiere der Online-Handel davon, dass die Deutschen inzwischen zu Weihnachten seltener zu traditionellen Geschenken wie Büchern oder Kleidung greifen. "Heute werden immer häufiger besondere Erlebnisse, Veranstaltungsbesuche und Reisen verschenkt" berichtete Harms. Diese Art von Geschenken werde in erster Linie im Internet gekauft. Tatsächlich macht der Online-Handel gut 25 Prozent seines Jahresumsatzes in den Monaten November und Dezember. Der stationäre Handel "nur" 19 Prozent.

Dass die traditionellen Ladengeschäfte nach einer Umfrage der Unternehmensberatung Deloitte für über zwei Drittel (68 Prozent) der Bundesbürger nach wie vor die erste Wahl bei der Präsente-Jagd darstellen, ist angesichts des anhaltenden Trends ins Internet kein wirklicher Trost für die Händler.

Doch auch in den Fußgängerzonen gibt es Gewinner und Verlierer. Bei einer Branchenumfrage des HDE zu den Erwartungen für das Weihnachtsgeschäft zeigte sich der Einzelhandel gespalten. Optimistisch gingen vor allem größere Unternehmen in den Jahresendspurt. Ihr Vorteil: Die meisten von ihnen – wie Media Markt, H&M oder Karstadt – sind inzwischen selbst im Internet mit Online-Shops präsent. Deutlich pessimistischer zeigen sich kleinere Geschäfte, die nach wie vor oft über keinen konkurrenzfähigenInternet-Auftritt verfügen. Sie rechnen insgesamt nur mit Umsätzen auf Vorjahresniveau.

Auf ein Weihnachtswunder hoffen, können aber natürlich auch diese kleinen Händler noch. "In der Vorweihnachtszeit wünschen sich die Kunden Weihnachtsatmosphäre und das festliche Ambiente geschmückter Innenstädte", macht der EY-Handelsexperte Harms zumindest ein wenig Hoffnung. Dies sei "eine große Chance für die Städte und Händler, die ihren Kunden attraktive Angebote machen". (APA, 4.12.2018)