Im Foyer des noblen Ritz-Carlton am Schubertring ist – ganz entspannt – ein sizilianischer Zweisterner eingezogen.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Pasta allo Scoglio gibt sich etwas affektiert mit separat gebratenem Edelfischzeug.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Die Lobby des Ritz-Carlton ist seit ein paar Tagen in süditalienischer Hand. Gut für jene, die absteigen, im konkreten Fall dürfen sich auch Wiener freuen, die ihr mehr oder weniger hart Verdientes gern in die "bella figura" ihrer selbst investieren. Das ist bemerkenswert, weil es der Mehrzahl der noblen Wiener Hotels nach wie vor nicht gelingt, lokale Kundschaft in ihre Restaurants zu locken.

Im Ritz-Carlton ist man sich der Herausforderung bewusst. Bloß einen exotischen Starkoch engagieren und darauf hoffen, dass dessen Strahlkraft auch ohne persönliche Anwesenheit (schließlich muss der seine Sterne im Stammhaus polieren!) wirke, geht sich längst nicht mehr aus. Also wurde mit Ciccio Sultano aus Ragusa zwar der Küchenstar Siziliens engagiert. Er darf hier aber nicht einfach eine schwache Blaupause seiner Luxusschiene abliefern, sondern wurde in ein Konzept eingebettet, das die Freuden italienischer Lebensart möglichst umfassend an die Kundschaft bringen soll.

Aperitivo-Kultur

Gastronomische Großzügigkeit ist, wie der diesbezüglich sensible Österreicher weiß, ein Merkmal italienischer Gastfreundschaft. Die massive, ins Zentrum der Lobby gepflanzte Marmorbar des neuen Pastamara soll dementsprechend der Kultur des Aperitivo gewidmet sein, und zwar möglichst mit allem, was man auch in Italien erwarten darf: nicht bloß mit Eleganz und Hingabe gemixte Cocktails, sondern auch allerhand elaborierte Häppchen, die aber nicht extra verrechnet werden.

Ergo wird ein prächtiger Negroni-Cocktailwagen zur blauen Stunde mittels wunderhübsch italianisierendem Bartender an den Tisch geschoben, um maßgeschneidert appetitanregende Bitterkeiten zu fabrizieren. Dazu gibt es zivilisierte Leckereien.

Sizilianisch geht es aber schon zum Frühstück los, mit Granita und Brioche, pochierten Eiern mit Caciocavallo und Paradeisercreme oder dem einen oder anderen Cannolo mit Ricottacreme, der sich sehr nachhaltig an die Magenwand zu schmiegen weiß. Tagsüber gibt es luxuriöse Panini mit Tonno Rosso, Edel-Mortadella oder gegrilltem Gemüse. So richtig interessant aber wird es zu den Mahlzeiten.

Edel, unkompliziert

Da lässt Sultano, der dafür seinen Sous-Chef Nicola Zamperetti nach Wien verfügt hat, eine eh recht unkomplizierte, edelsizilianische Küche auffahren, die anderen Spesen-Italienern der Stadt einiges an Schneid abzukaufen weiß. Eine dichte, heiße Linsensuppe etwa, mit veritablen Scampi-Schwänzen einerseits und großzügig darübergeraspelter Schwarztrüffel anderseits: So wird ewig Weibliches und penetrant Männliches sehr anmutig vereint.

Oder Tartar vom Wildfang-Wolfsbarsch, verhalten gewürzt, aber mit kraftvollem Fenchel-Orangen-Olivensalat kombiniert. Pasta allo Scoglio gibt sich (siehe Bild) etwas affektiert mit separat gebratenem Edelfischzeug, die Qualität der hausgemachten Pasta und die konzentrierten Meeresaromen der Salsa entschädigen für den stolzen Preis (24 Euro) beinahe.

Günstiger und besser: Pasta Taratatà mit herausragender Tunfisch-Bottarga, klassisch sizilianischer Mollica und einer fruchtigen Karottencreme – vor allem aber mit dicken, fleischig-festen, ganz fantastisch konsistenten Spaghetti. Große Teigware, die man wieder und wieder haben will.

Wer dann noch kann, braucht gefülltes Kotelett vom halbwilden Nebrodi-Schwein: voll Kraft und Saft, wie sie auch Top-Rindviecher nur im Ausnahmefall zusammenbringen, entschlossen gegrillt und mit durchaus gewinnender Fülle aus Salame, Käse, Bröseln und Paradeis gefüllt. Au ja: Die exklusiv italienische Weinkarte bietet guten Stoff! Und mit Aleksandar Petrovic gibt's einen Sommelier, der ihn zu vermitteln weiß. (Severin Corti, RONDO, 7.12.2018)

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