Das im Oktober 2017 erspähte Objekt Oumuamua ist alleine schon aufgrund seiner vermuteten Herkunft spektakulär genug. Der merkwürdige zwischen 400 und 800 Meter lange Brocken passierte unser Sonnensystem auf einer parabelförmigen Bahn mit hoher Geschwindigkeit, was Astronomen letztlich zu dem Schluss führte, dass 1I/2017 U1, so die wissenschaftliche Bezeichnung des Himmelskörpers, aus dem interstellaren Raum zu uns gekommen ist.

Nachdem die Schwerkraft alleine die merkwürdige Flugbahn von Oumuamua nicht erklären konnte, kamen Wissenschafter um Marco Micheli von der Europäischen Weltraumagentur (Esa) zu dem Schluss, dass kometenartige Ausgasungen durch die Sonnenwärme die außergewöhnliche Zigarre beschleunigt haben müssen. Nicht alle Astronomen waren mit dieser Interpretation einverstanden, das Fehlen eines entsprechenden Schweifs etwa, den man unter diesen Umständen klarerweise erwarten würde, sprach weitgehend gegen eine solche Kometentheorie.

Oumuamua stellt Astrophysiker vor Rätsel.
Illustr.: Esa

Außerirdische Sonde?

Für Abraham Loeb von der Harvard University in Cambridge (Massachusetts) lässt die unnatürliche Beschleunigung von Oumuamua innerhalb unseres Sonnensystems auch darauf schließen, dass das Objekt durchaus künstlichen Ursprungs sein könnte. Mit anderen Worten: Eine außerirdische Zivilisation hat Oumuamua womöglich zu uns geschickt. Die Berechnungen von Loeb und seinen Kollegen führten zu dem Schluss, dass Oumuamua weniger ein "Brocken" im herkömmlichen Sinn sei dürfte, sondern vielmehr eine Art Sonnensegel von nur ganz geringer Breite.

Ob dieses Objekt ein Asteroid, ein Kometenkern oder vielleicht tatsächlich eine künstliche Sonde ist – fest steht, dass es möglicherweise nicht so einzigartig ist, wie bisher angenommen: US-Wissenschafter haben nun in unserem Sonnensystem vier weitere Objekte entdeckt, die potenziell nicht von hier stammen.

Insbesondere eine ungewöhnliche Beschleunigung des Objektes bereitet den Wissenschaftern Kopfzerbrechen.
Illustr.: Esa

Ungewöhnliche Umlaufbahnen

Die Forscher um Amir Siraj von der Harvard University, darunter auch Abraham Loeb, analysierten für ihre in den "Monthly Notices of the Royal Astronomical Society" präsentierten Studie unter anderem anhand von Computermodellen die Umlaufbahnen von Himmelskörpern zwischen Sonne und Neptun. Dabei stießen sie auf mehrere Objekte, deren Orbits nicht so recht passen wollen.

Die Bahnberechnungen sprechen nach Ansicht der Astronomen dafür, dass zumindest 2011 SP25, 2017 RR2, 2017 SV13 und 2018 TL6 von jenseits des Sonnensystems stammen könnten. Im Unterschied zu Oumuamua gelang es der Sonne allerdings, diese Himmelskörper einzufangen und in eine stabile Umlaufbahn zu zwingen.

Noch mehr Besucher von außerhalb

Die Computerberechnungen lassen sogar auf viel mehr derartige Objekte schließen: Siraj und seine Kollegen gehen davon aus, dass mindestens 66 Himmelskörper mit Ausmaßen zwischen 100 Metern und bis 10 Kilometern zwischen Jupiter und Neptun kreisen, die ihren Ursprung im interstellaren Raum haben.

"Von den vier jetzt identifizierten Objekten mit potentiell interstellarer Herkunft wissen wir aber noch nicht, ob es sich um Asteroiden, Kometen oder auch um Artefakte handelt", erklärt Siray gegenüber dem Forbes-Magazine. Um dies näher zu bestimmen, wird wohl noch etwas Geduld nötig sein: Erst in rund 20 Jahren kommt 2018 TL6, einer der vier Brocken, der Erde nahe genug, um ihn genauer zu untersuchen. (tberg, 4.12.2018)