Vier junge Schüler der HTL Donaustadt forschen derzeit im Rahmen ihres Schulabschlussprojekts an einer App, die vor allem der älteren Bevölkerung, aber auch anderen hilfsbedürftigen Menschen ihr Leben mit einem Handicap erleichtern und in manchen Fällen sogar deren Leben retten könnte. In persönlichen Gesprächen mit ihren eigenen Großeltern seien sie darauf aufmerksam geworden, dass großer Hilfsbedarf bestehe, "weil sich viele fürchten, dass sie zum Beispiel stürzen, wenn sie allein sind und niemand helfen kann", erzählt Adam dem STANDARD von den Beweggründen des Viererteams. Deshalb entschlossen sie sich Survival Services zu entwickeln.

MicrosoftAT

Ihre selbstentwickelte App – von der bereits ein erster Prototyp existiert – soll etwaige Stürze durch Motion-Sensor-Technik erkennen und gegebenenfalls direkt melden, zum Beispiel an eigens programmierte Notfallkontakte oder Rettungskräfte – je nach Schwere der Verletzung oder wer halt gerade näher sei. Ihr Lehrer vermittelte den Schülern einen Kontakt zu Microsoft, das den jungen Männern in ihrem Streben tatkräftig zur Seite steht, will man bei Microsoft doch selbst vermehrt die positiven Einsatzmöglichkeiten von künstlicher Intelligenz zum Wohle der Menschheit promoten.

Sprechen statt drücken

Da älteren Menschen vor allem die Bedienung von Apps und Smartphones durchaus schwer fällt, haben sie sich darauf geeinigt, die gesamte App sprachbasiert zu gestalten. Eine rudimentäre Version eines Chatbots ist auch bereits programmiert, der verschiedenste Fragen der Nutzer beantworten kann. Zukünftig soll er etwa auch an die Einnahme von Medikamenten erinnern, eines Tages vielleicht sogar per Kamera erkennen, ob jemand die Tabletten schon eingenommen hat. "Da müssen wir aber natürlich noch schauen, wie das mit dem Datenschutz ist", scherzen die jungen, sehr ambitioniert wirkenden Schüler. Sie können sich einen Einsatz oder eventuell auch Schulungen in Seniorenheimen vorstellen.

Weil das Tippen mit dem Finger oftmals schwerfällt, soll die App sprachbasiert arbeiten.
Foto: Microsoft

Nur der erste Schritt

An innovativen Ideen fehlt es den jungen Wienern keineswegs. Eine Smartphone-App sei jetzt einmal nur der erste notwendige Schritt. Man müsse natürlich darüber nachdenken, wie dies auf anderen Endgeräten auch umsetzbar ist – einer Uhr, einem Armband, einem Smart Speaker für daheim wie Alexa oder ganz was anderem. Man sei sich nämlich durchaus dessen bewusst, dass vor allem viele ältere Menschen keine Smartphones besitzen und dies auch nicht wollen. Dies werde sich von Generation zu Generation zwar ändern, Berührungsängste mit Smartphones werden verschwinden, dennoch ist es den jungen Männern ein Anliegen, auch schon heute ihren Großeltern und anderen Menschen helfen zu können.

Zudem müsse man bedenken, dass man nicht immer sein Smartphone eingesteckt habe, wenn man es vielleicht gerade bräuchte. Immerhin kommt es gerade in Bade- oder Schlafzimmern immer wieder zu verhängnisvollen Stürzen. Auch deshalb müsse man in Zukunft wohl mehr als eine reine Handy-App anbieten.

Rotes Kreuz beobachtet Entwicklungen

Klassische – eher rudimentär funktionierende – Notfalluhren gibt es bereits heute, etwa die Rufhilfe des Österreichischen Roten Kreuzes. Gerade ältere, allein lebende Menschen nutzen diese oft, um bei Stürzen oder anderen Notfällen die Rettung per Knopfdruck herbeizurufen. Rund 2.900, überwiegend ältere Menschen – und mehrheitlich Frauen – nutzen diesen Dienst beispielsweise in Wien, wie der Sprecher des Roten Kreuzes in Wien, Alexander Trödinger, dem STANDARD erzählt. Wie bei anderen vergleichbaren Diensten auch, gebe es natürlich auch bei ihnen immer wieder Fehlalarme. Grundsätzlich versuche man zuerst die Person selber und eine Notfallkontaktperson zu erreichen. Gibt es keine Entwarnung, eilt man selbstverständlich schnellstmöglich zum Einsatz.

Grundsätzlich beobachte man seitens des Roten Kreuzes Wien auch die neuen technologischen Möglichkeiten, eventuelle Tests mit GPS-Tracking seien beispielsweise angedacht. Da müsse aber immer genau auf die Datenschutzgrundverordnung geachtet und das Einverständnis der Nutzer eingeholt werden, betont Trödinger.

Noch viel Arbeit

Herausforderungen, denen auch die vier HTL-Schüler noch begegnen werden. Mit ihrem geplanten intelligenten System, das etwa eine automatisierte Erkennung von Stürzen beinhaltet, wollen sie die technologische Entwicklung jedenfalls vorantreiben und bestehende Konzepte zum Wohle der Menschen verbessern.

Auch deshalb wollen Adam, Peter, Sebastian und Karim nach Ende ihres Diplomarbeitsprojektes weiter an der Verbesserung der App arbeiten. Das Tüfteln und Programmieren macht ihnen sichtlich Spaß, "umso besser, wenn man dabei noch etwas Gutes tun kann", so die vier unisono. (Fabian Sommavilla, 16.12.2018)