Eine Gruppe von Tänzerinnen und Tänzern kommt in einem Raum zusammen, um zu proben. Die Stimmung verändert sich jedoch radikal, nachdem offensichtlich der Sangria mit einer übel bewusstseinsverändernden Droge versetzt wurde. Das wäre in aller Kürze eine Inhaltsangabe von Gaspar Noés Climax, der damit allerdings letztlich nur notdürftig beschrieben ist.

Das Ensemble stellt eine erlesene Auswahl von jungen, athletischen Individualisten aller Hautfarben und sexuellen Neigungen dar. Sie stellen sich im Prolog auch alle vor. Man kann sie in Ansätzen kennenlernen, sie sprechen über ihre Motivation als Bewegungskünstler – und dann legen sie los.

A24

Die erste halbe Stunde von Climax ist schlicht sensationell, eine unglaubliche Gruppenperformance mit einer extrem beweglichen und auch interagierenden Kamera. Dann aber kommt, was bei dem radikalen Visionär Gaspar Noé im Grunde nicht anders denkbar ist: Für ihn ist Kino ein Trip, eine formale wie inhaltliche Gratwanderung. Aber der Trip ist letztendlich immer ein schlechter.

Wenn Leichtsinn kippt

Dabei ist es selbst für seine speziellen Verhältnisse (Gaspar Noé ist immerhin der Regisseur des skandalösen Vergewaltigungsfilms Irreversibel) enorm, wie sehr er hier in Climax die Geschichte in einen Albtraum kippen lässt. Alles das, was vorher Verführung und vielleicht auch nur jugendlicher Leichtsinn war, jungenhafte Präpotenz oder androgyne Vieldeutigkeit, geht in dem labyrinthischen, finsteren Set verloren: Climax wird letztlich zu einem Theater der Grausamkeit, und man wünscht sich vergeblich zurück zu der Energie der ersten halben Stunde.

Ein Theater der Grausamkeit: "Climax"
Foto: Thimfilm

Die eingesetzte Musik ist bei all dem die ganze Zeit ein Erlebnis für sich: Sie startet programmatisch mit dem legendären Discohit Born to Be Alive von Patrick Hernandez, bringt dann eine großartige Instrumentalversion der Ballade Angie (von den Rolling Stones), und da sind auch neuere Klassiker wie Windowlicker von Aphex Twin. (Bert Rebhandl, 5.12.2018)