Strom statt Diesel oder Benzin – das soll der Umwelt helfen. Für die Automobilwirtschaft bedeutet dies eine große Umstellung.

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Wien – Noch sind E-Autos auf den Straßen ein Minderheitenprogramm. Damit sich das ändert, sind auch einige Änderungen in Überlegung oder schon in Planung. Die Vignettenpflicht könnte abgeschafft werden, und die Aufhebung des "Lufthunderters" ist bereits beschlossene Sache. Doch das Hauptargument der Konsumenten, sich ein E-Auto zuzulegen, wird wohl die Verfügbarkei ausreichend leistbarer Stromer bleiben. Experten erwarten, dass strombetriebene Pkws in etwa zwei Jahren eine echte Alternative sein werden.

Weitreichende Folgen könnte die Umstellung von Verbrennungs- auf Elektromotoren für die Wirtschaft haben, wie eine neue Erhebung des deutschen Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigt. Die Forscher beschäftigen sich in einer aktuellen Studie mit den "Wachstums- und Beschäftigungseffekten einer Elektrifizierung des Antriebsstrangs bei Personenkraftwagen". "Im Jahr 2035 werden knapp 114.000 Arbeitsplätze aufgrund der Umstellung auf den Elektroantrieb bei Pkws verlorengegangen sein", so das IAB.

Wohlstandsverlust

Der deutschen Wirtschaft könnten laut diesem Szenario bis dahin rund 20 Milliarden Euro verlorengehen, was rund 0,6 Prozent des realen Bruttoinlandsprodukts entspreche, auch wenn man zunächst von einem positiven Wachstums- und Beschäftigungseffekt ausgehen könne. Dies deshalb, weil anfangs insbesondere die notwendigen zusätzlichen Investitionen der Autobranche, die Bauinvestitionen in die Ladeinfrastruktur und die Neuausrüstung des Stromnetzes für positive Effekte sorgen sollten, so die Forscher. Langfristig dominiere der steigende Importbedarf an Elektroautos und Traktionsbatterien.

Hauptbetroffen vom Stellenverlust wäre demnach der Fahrzeugbau. Dort könnten 83.000 Arbeitsplätze wegfallen. "Andere Branchen geraten ebenfalls in Mitleidenschaft und müssen über 30.000 Stellen abbauen", warnen die Forscher. Auch wenn gleichzeitig neue Stellen geschaffen würden, etwa im Bauwesen, bei Stromversorgern oder in Teilen des Dienstleistungsbereichs und des verarbeitenden Gewerbes: Unter dem Strich würden damit mehr Jobs wegfallen als neue entstehen. "Von der Elektrifizierung des Antriebsstrangs werden vor allem Fachkräfte negativ betroffen sein", erwartet das Forschungsinstitut. "Zeitverzögert sinkt auch der Bedarf an Spezialisten- und Expertentätigkeiten. In der längeren Frist ergeben sich negative Effekte für alle Anforderungsniveaus."

Steigende Wertschöpfung

Autoexperte Christoph Stürmer von der Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (Pwc) kann die pessimistische Einschätzung nicht nachvollziehen. "Die Wertschöpfung wird sogar steigen", sagt Stürmer. Abgesehen vom Verbrennungsmotor sei alles andere auch in einem E-Auto eingebaut, argumentiert er. Was den Motor betrifft, so bestehe dieser zwar aus weniger Teilen, dafür würden in leistungsfähigeren E-Autos bis zu vier Motoren verbaut. Dass Europa in Sachen Batterie- und Speichertechnologie – das teuerste Stück an einem E-Auto – hinterherhinke, gelte es allerdings schnellsten zu korrigieren.

Auch Spezialisten im Bau von Verbrennungsmotoren – wozu etwa das BMW-Werk in Steyr zählt – sieht er nicht dem Untergang geweiht. Der Verbrennungsmotor werde auch in Hybridmodellen gebraucht, sagt Stürmer. Langfristig heiße es für die jeweiligen Zulieferer von Metall- auf Carbonteile umzustellen, sich zum Zulieferer für E-Motoren zu mausern. "Kein Stück ist da billiger als bei den Verbrennungsmotoren." Auch Geld sei mit den Stromern zu verdienen sagt er: Elektro-Autos seien zwar im Betrieb günstiger, die Anschaffungskosten würden aber kaum sinken.

Ohnehin würden wohl nur noch ein Fünftel der Autofahrer ihren fahrbaren Untersatz bar kaufen, der Rest würde finanzieren oder leasen. Insgesamt werde also für E-Autos mehr Geld ausgegeben. Bleibe also genug, für alle Beteiligten, um in der Übergangsphase zu investieren. (rebu, 5.12.2018)