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Die 56-jährige Claudia Sheinbaum ist neue Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt.

Foto: REUTERS/Carlos Jasso

Es ist eine Stadt wie eine tickende Zeitbombe: Wassermangel, Luftverschmutzung, Vulkan- und Erdbebengefahr, steigende Kriminalität. Ein Ballungsraum mit fünf Millionen Autos und 20 Millionen Einwohnern. Auch wenn in den direkten Regierungsbereich von Claudia Sheinbaum nur 8,8 Millionen davon fallen – die Physikerin, deren Spezialgebiet das Klima ist, ist dennoch mit der Übernahme des Bürgermeistersessels von Mexiko-Stadt am Mittwoch zu einer der einflussreichsten Stadtpolitikerinnen der Welt geworden.

Bisher war die frühere marxistische Studentenführerin im politischen Schatten ihres Parteigenossen und Amtsvorgängers Andrés Manuel López Obrador gestanden – doch weil dieser Anfang Dezember zum Staatspräsidenten Mexikos aufgestiegen ist, sitzt sie in der Stadt nun selbst im Chefsessel. Dabei ist die 56-jährige Umweltexpertin alles andere als unumstritten: Kritiker sehen in ihr eine kalte Marionette, ihre Anhänger halten sie für eine sozial engagierte, kompetente und ehrliche Politikerin. Bei der Wahl im Dezember bekam sie 47 Prozent der Stimmen – weniger als ihr Mentor auf staatlicher Ebene.

Geboren wurde sie 1962 in einer Familie jüdischer Einwanderer aus Litauen und Bulgarien. Ihr Vater war Chemiker, ihre Mutter Biologin. Beide waren in der Studentenbewegung von 1968 aktiv, die in Mexiko im tragischen Massaker des Militärs an friedlichen Demonstranten in Tlatelolco gipfelte.

Parteigründerin

Wie ihr Bruder studierte Sheinbaum Physik, spezialisierte sich auf Energie und Umwelt. Zugleich war sie in der Studentenbewegung aktiv. Sheinbaum und ihr späterer Ehemann Carlos Imaz gehörten 1989 zu den Gründungsmitgliedern der Partei der demokratischen Revolution (PRD) – ebenso wie López Obrador.

Sheinbaum bekam zwei Kinder, verfolgte aber weiter ihre Karriere, schrieb Bücher, war Professorin, arbeitete für das UN-Klimapanel. Parallel engagierte sie sich politisch. Als López Obrador 2000 Bürgermeister wurde, machte er sie zur Umweltstadträtin. Gemeinsam zogen sie ihre Vorstellungen von Modernisierung durch.

Als ihr Mentor 2006 zurücktrat, um für die Präsidentschaft zu kandidieren, begleitete sie ihn als Sprecherin. Sie war auch im Team, als López Obrador 2012 einen neuen Anlauf unternahm. Eigentlich wollte sie danach zurück in die Wissenschaft. Doch López Obrador drängte sie 2016 gegen Widerstand in der eigenen Partei zur Kandidatur – und zum Sieg. (Sandra Weiss, 5.12.2018)