Foto: Amazon Prime Video

Vor kurzem veröffentlichte Amazon ein Ranking seiner erfolgreichsten Serien. Die Liste war etwas schräg, denn Amazon gibt natürlich keine Abrufzahlen preis, sondern zimmert sich seine Erfolgsdaten nach eigenem Muster zurecht. Die meisten Stunden am Stück sahen Zuschauer etwa von "Jack Ryan" und "Homecoming". Wie viele Zuschauer, wie viele Stunden blieb das Onlinedienst schuldig. Konkreter wurde man bei "Marvelous Mrs. Maisel". Hierbei handele es sich um jene Serie, die die meisten Preise, nämlich acht, einheimsen konnte.

Zu Recht!

Ein Feuerwerk der guten Laune bot die Serie von Amy Sherman-Palladino schon in der ersten Staffel. Die unermüdliche Dauerquasslerin Miriam "Midge" Maisel (Rachel Brosnahan) hing ihre Kochschürze an den 1950er-Haken und erklomm die Stand-Up-Comedy-Bühnen der New Yorker Clubs, frei nach dem Motto: Sie hat Style, sie hat Flair, sie war hier – und wurde trotzdem keine "Nanny". (Wer sich erinnert.)

Jetzt die zweite Staffel, und es ist um nichts schlechter

Die Umstände haben dazu geführt, dass sich Lady M. im zündenden Umfeld einer Telefonzentrale befindet, wo viel gequasselt wird. Damit kann Midge gut umgehen, Multitasking ist ihr Ding: Ein kleiner Schwächeanfal? Kein Problem, Midge ist schon da und hilft!

Supercalifragilisticexpialigetisch wirbelt diese Mary Poppins ohne Regenschirm durch das Serienreich der Maisels und lässt sich von nichts und niemandem aufhalten, obwohl ein weiteres mal die Umstände nicht dafür sprechen.

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Staffel zwei bringt zunächst einen Ortswechsel. Paris, die Stadt der Liebe, empfängt Midge und ihren Vater nicht sehr liebevoll, die Aufregung legt sich dort erst einmal nicht. Die Sprache ist verschieden, die Mentalität nicht so sehr. Missverständnisse werden da wie dort schreiend verhandelt.

So richtig in ihrem Element ist Midge aber mehr auf der Bühne, und am besten unter dem Eindruck privater Ereignisse. Schließlich ist Gatte Joel (Michael Zegen) nicht ganz so dulli mit dem komödiantischen Talent seiner Frau, was dieser entsprechenden Raum für selbstreinigende und natürlich wortreiche Wutausbrüche erlaubt.

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Amy Sherman-Palladino, auch schon bei den "Gilmore Girls" nicht mundfaul, spielt wieder Affenzahn-Dialoge und lässt die blitzsaubere Midge den Mannsbildern im total versexten Showbusiness ordentlich einschenken. Den Aufstand proben aber noch weitere Figuren (Alex Borstein, Tony Shalhoub, Marin Hinkle) im Maisel-Universum, die damit mehr gemein haben als nur die atemberaubend schnelle Redegeschwindigkeit. Anspieltipp dazu: Folge eins, beim Auftritt im Pariser Travestieclub, wo es zum Midge-Match mit einer Übersetzerin kommt. Standing Ovations dafür.

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"Marvelous Mrs. Maisel" unternimmt erneut eine prachtvolle Reise in die patriarchale Vergangenheit mit den Mitteln des jüdischen Humors und hat doch mehr mit der Gegenwart zu tun, als manchen lieb sein kann. Aha-Erlebnisse dürften vor allem jene einholen, die glauben, schon alles erreicht zu haben und Szenen sehen, die sich eins zu eins heute genauso ereignen könnten. Dass in Karriere-Fragen männliche Kollegen ein ums andere Mal auf die große Bühne marschieren und Frauen, wie Midge Maisel am Rand aus zuschauen, ist keineswegs von vorgestern.

So geschehen. Und was tun? Was würde Midge tun? Sehr einfach: weitermachen. There's no business like showbusiness. (Doris Priesching, ..12.2018)

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