Einrichtungsexpertin Fridi Nefe holt sich Ideen von Instagram.

Foto: fridi nefe

Ikea will seine Follower auf der Plattform inspirieren.

Foto: ikea austria

Der Umbau der Villa Wildwuchs wird auf Instagram dokumentiert.

Foto: Villa Wildwuchs

Instagram-tauglich und Pinterest-perfekt sind Kategorien, in denen man heute denken muss. Zumindest, wenn man sich über Mode, Wohntrends und Einrichtung Gedanken macht. Nichts geht mehr ohne die Foto-Plattformen, die vor perfekt gestylten, aber bewohnt aussehenden Wohnzimmern, Kontrast-hochgetunten und vor Farben nur so leuchtenden Küchen oder shabby-schicken Backsteinwänden in Loft-Wohnungen im Industrial Style nur so strotzen.

56 Millionen Bilder sind im Foto-Netzwerk Instagram unter dem Hashtag #interiordesign zu finden. Dazu gehören etwa auch die Beiträge von Fridi Nefe. Sie betreibt in Wien eine Agentur für Home- und Eventstyling. Instagram und Pinterest nutzt sie vor allem zur Inspiration. "Das ist für mich zum unverzichtbaren, täglichen Begleiter geworden, da gehen Stunden drauf", sagt sie. Vom Büro aus könne sie so bis nach Australien verreisen und sich dort inspirieren lassen.

Nicht ganz so weit reisen muss, wer sich auf der Instagram-Seite von Ikea Österreich wiederfindet. Das Unternehmen nutzt den Kanal, um Inspiration zu geben. "Wir wollen den Kunden Room-Settings, Lösungen und Deko-Ideen zeigen", sagt Ikea-PR-Managerin Barbara Riedl. Dafür werden eigens von Ikea gemachte Bilder gepostet, aber auch Fotos von Nutzern geteilt, auf denen Ikea-Möbel zu sehen sind. 70.900 User gehören zur Community von Ikea Österreich. Das Unternehmen liegt damit auf Platz 14 der heimischen Marken mit den meisten Followern.

Für Trends interessieren

Dabei, so Riedl, gehe es gar nicht so sehr darum, einzelne Produkte zu verkaufen – auch wenn Preise für die Stücke direkt in Instagram-Bildern angezeigt werden, sondern darum, die Themen Wohnen, Einrichten und Dekorieren beliebter zu machen. "In Skandinavien ist das Interesse dafür viel größer. Wir wollen, dass sich auch die Österreicher mehr für Trends und Stile interessieren. Wer unsere Fotos sieht, soll sich denken: 'Das sieht cool aus, das könnte ich auch machen' – das ist es, was wir erreichen wollen", so Riedl.

Und die Taktik scheint zu funktionieren, zumindest in der Branche. "Blogger schreiben sowieso über uns, auch ohne entgeltliche Zusammenarbeit", so Riedl. Kooperationen mit Influencern mache Ikea Österreich prinzipiell nicht, "obwohl wir überrannt werden mit Anfragen. Dafür haben wir aber keinen Bedarf."

Kaum ein Blogger ist heute noch ohne Instagram-Account, so auch jene, die über Wohnen und Einrichten schreiben. Neben diesen Themen gibt es auf Instagram auch eine Community, die sich mit Bauen und Renovieren beschäftigt. Sanierungen werden dokumentiert, ganz praktische Tipps ausgetauscht. Einer dieser Accounts ist @villawildwuchs, auf dem ein Paar aus der Nähe von Berlin die Renovierung einer Villa aus dem Jahr 1902 dokumentiert. "Ich habe mir selbst auf Instagram viele Ideen für die Renovierung geholt und dabei andere Baublogs entdeckt", sagt Sara von @villawildwuchs. Sie freut sich vor allem über die Community, aus der viele Fragen, aber auch hilfreiche Tipps für die jungen Häuslbauer kommen, etwa, wie man eine Treppe am besten abschleift. "Instagram ist ein Hobby, das allerdings sehr zeitintensiv ist", erzählt sie.

Wertvolle Chance

Nicht als Hobby, sondern ganz professionell als Tool für die tägliche Arbeit nutzt das Wiener Designstudio Bienenstein Concepts vor allem Pinterest. "Wir nutzen die Plattformen für die konzeptuelle Entwicklung von Projekten und legen dort sogenannte Boards an", sagt Theresa Bienenstein. Gleichzeitig werden auf Instagram laufende Projekte präsentiert und organisiert. "Es ist eine viel spontanere und informellere Art der Dokumentation", sagt Bienenstein. Zudem ermöglichen die Plattformen indirekte Werbung, die potenzielle Kunden ansprechen soll, sowie Networking. Das kennt auch Nefe: Über Instagram hat sie eine junge Designerin aus London entdeckt, "die hätte ich anders nie gefunden", sagt sie. Vor allem für junge Kollegen, die noch keine große Marketingstruktur haben, so glaubt Bienenstein, ist Instagram eine wertvolle Chance.

Obwohl auch viele ihrer Kunden Instagram und Pinterest zur Inspiration nutzen, machen sich weder Nefe noch Bienenstein um ihren Berufsstand Sorgen. "Diese Reizüberflutung kann auch verwirrend sein, ich sehe das zweischneidig", sagt Bienenstein und ist sich sicher: Innenarchitekten brauche es weiterhin, weil für jeden Kunden eine individuelle Lösung gefunden werden müsse und weil gewisse technische, materielle und funktionelle Konzepte nötig sind, die ein Laie nicht ausführen kann. "Die Plattformen sind nur ein Ausgangspunkt", so Bienenstein.

Auch für die Existenz von Messen, Möbelkatalogen und Magazinen sehen die Expertinnen keine Gefahr. "Die Kunden wollen Materialien und Stoffe immer noch real betrachten", sagt Bienenstein, und Nefe fügt hinzu: "Die analogen und digitalen Angebote ergänzen sich." Bestes Beispiel dafür: Das Buch Insta Interior der belgischen Bloggerin Anne-Catherine Gerets erklärt auf ganz analogen 192 Seiten, wie ein Raum im Handumdrehen Instagram-tauglich wird. (Bernadette Redl, 22.12.2018)