Kabul – Die Unabhängige Wahlbeschwerdekommission (IECC) hat alle bei der afghanischen Parlamentswahl im Oktober abgegebenen Stimmen in der Provinz Kabul für ungültig erklärt. Das gab der Sprecher der Kommission, Ali Reza Rohani, in einer Pressekonferenz am Donnerstag bekannt.

Rohani führte mehr als 25 Gründe für die Entscheidung an, darunter massive Wahlfälschung, aber auch eine mangelhafte Durchführung der Wahl durch die Unabhängige Wahlkommission (IEC). Nach Angaben der IEC hatten in der Provinz mehr als eine Million Wähler ihre Stimme abgegeben, das sind fast ein Viertel der rund vier Millionen insgesamt abgegebenen Stimmen bei der Parlamentswahl.

Die Unabhängige Wahlkommission wollte zunächst keine Stellungnahme dazu abgeben. Das afghanische Wahlgesetz sieht vor, dass nach der Annullierung von Stimmen eines Wahlkreises durch die Wahlbeschwerdekommission binnen einer Woche eine neue Wahl abzuhalten ist.

Keine Kapazitäten

Yusuf Rashid von der Wahlbeobachterorganisation Fefa hält eine Wiederholung der Wahl in der Provinz Kabul, dem mit 33 Parlamentssitzen größten Wahlkreis des Landes, innerhalb von sieben Tagen allerdings für praktisch unmöglich. "Wir sehen nicht, dass die Wahlkommission aktuell die Kapazitäten hat, innerhalb einer Woche in Kabul eine neue Wahl abzuhalten." Rashid hält es daher für möglich, dass die Wahl zusammen mit der für Ende April angesetzten Präsidentschaftswahl durchgeführt werden könnte.

Die Entscheidung der Wahlbeschwerdekommission könnte zudem Folgen für andere Provinzen des Landes haben, für die die Resultate noch nicht veröffentlicht worden sind, sagte Rashid weiter. Sollte die Wahlbeschwerdekommission die Stimmen weiterer Provinzen für ungültig erklären, könnte das die Wahlkommission vor ernsthafte technische und organisatorische Probleme stellen. Bisher hat die Wahlkommission vorläufige Resultate aus 20 Provinzen bekanntgegeben.

Anschlag auf Polizeichef

Die Parlamentswahl fand am 20. Oktober in 32 der 34 Provinzen des Landes statt. Da es neben Sicherheitsproblemen auch massive organisatorische Schwierigkeiten gab, wurde in mehr als 400 Wahllokalen erst einen Tag später gewählt, in der südlichen Provinz Kandahar nach einem Anschlag auf den Polizeichef der Provinz sogar erst eine Woche später.

Wegen der organisatorischen Schwierigkeiten könnten aber auch die Präsidentenwahl verschoben werden. Jede Verzögerung bei der Präsidentenwahl hätte Auswirkungen auf die erhofften Friedensgespräche mit den Taliban. Die USA treiben derzeit eine politische Lösung des Konflikts voran und versuchen, die Taliban an den Verhandlungstisch zu bringen.

Die Taliban sind die größte Gruppe von Aufständischen in Afghanistan und waren von 1996 bis 2001 an der Macht. Vor allem seit dem Ende des internationalen Kampfeinsatzes Ende 2014, der von einem Ausbildungseinsatz abgelöst wurde, haben sie wieder an Stärke gewonnen. Derzeit beherrscht die Regierung nach Militärangaben nur noch wenig mehr als die Hälfte der Bezirke des Landes. Weitere rund 30 Prozent sind umkämpft. (APA, 6.12.2018)