Der oder die neue CDU-Vorsitzende wird am Freitagnachmittag in Hamburg gewählt.

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"Eins, zwei, drei, vier ..." Angela Merkel steht auf einer großen Bühne und zählt, um den Technikern die Gelegenheit zu geben, das Mikrofon richtig einzustellen. Rund 200 Kameraleute und Fotografen werfen sich in Position, erst recht als die deutsche Kanzlerin einen kleinen Schokonikolo vom Rednerpult aufnimmt und freundlich lächelt.

Es ist am Donnerstagnachmittag die letzte Gelegenheit, Merkel als Parteichefin beim sogenannten traditionellen Saalrundgang zu erleben. Offiziell startet der große Wahlparteitag am Freitagmorgen, aber ein Blick der Chefin am Tag zuvor gehört dazu.

Um Einigkeit bemüht

Und ab diesem Freitag ist Angela Merkel dann ja nicht mehr CDU-Chefin. Dann wird jemand anderer die CDU führen und gleich mal eine große Aufgabe haben: die Partei irgendwie zu einen. Denn kurz vor dem Parteitag trat das ein, was die jetzige Parteiführung ebenso wie die drei Kandidaten – Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer, Gesundheitsminister Jens Spahn und Exfraktionschef Friedrich Merz – vermeiden wollten: der Anschein einer gespaltenen Partei.

Der kurze Wahlkampf war fair, es gab keine groben Fouls der Kandidaten. Empfehlungen von prominenten Parteimitgliedern blieben aus – bis zwei Tage vor Schluss. Dann sprach sich auch Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble für Merz aus, einen Tag später – am Donnerstag – folgte die Retourkutsche.

Damm gebrochen

Wirtschaftsminister Peter Altmaier, ein Vertrauter Merkels, kritisierte Schäuble. Dessen Vorstoß habe ihn überrascht, damit sei der "Damm gebrochen". Er selbst habe sich bisher aus Respekt vor den 1001 Delegierten zurückgehalten. Aber jetzt könne er ja auch seine Meinung kundtun: "Ich bin überzeugt, dass wir mit Annegret Kramp-Karrenbauer die beste Chance haben, die CDU zu einen und Wahlen zu gewinnen." Merz würde sicher der FDP "viele Stimmen abjagen", aber die CDU müsse in der Mitte verankert bleiben.

Angesichts der aufbrechenden Gräben mahnte Kramp-Karrenbauer zur Einigkeit: "Wichtig ist – und das wissen, glaube ich, alle drei Kandidaten -, dass die CDU auch nach der Wahl geschlossen bleibt." Auch CDU-Vize Armin Laschet warnte vor einer Spaltung: "Wir müssen alles tun, dass es dazu nicht kommt. Entscheidend für den Zusammenhalt der CDU ist die Zeit nach der Vorsitzendenwahl."

Seehofer

CSU-Chef Horst Seehofer sagte zur anstehenden Wahl, er traue sich "trotz langer Tätigkeit in der Politik" keine Prognose zu, wer denn nun das Rennen machen werde. Auch zu möglichen Favoriten wollte sich der deutsche Innenminister nicht äußern. "Ich finde, der Respekt vor einem Parteitag gebietet, dass man den Delegierten diese Entscheidung überlässt."

Gewählt wird am Freitagnachmittag, es ist der Tagesordnungspunkt 17. Wie immer beginnt der Parteitag mit einer großen Rede der (scheidenden) Vorsitzenden. Von ihren Worten – und möglicherweise einer kleinen Empfehlung – wird es auch noch abhängen, wie sich der eine oder andere Delegierte entscheidet. (Birgit Baumann aus Hamburg, 6.12.2018)